Renten
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Adieu, Goldlöckchen
Trotzdem bleiben selektiv Chancen, etwa Dollar-Kurzläufer (in allen Bereichen) und Hochzinsanleihen in Euro.
Wie viel sich in nur wenigen Monaten verändern kann! Schneller als auch von uns erwartet hat der Dollar gegenüber dem Euro aufgewertet und somit schon an unserer strategischen Zielmarke von 1,15 gekratzt. Einige unserer anderen Erwartungen haben sich hingegen nicht wie erhofft erfüllt. So haben wir die politischen Risiken in Italien und ihre negativen Auswirkungen auf italienische Staatsanleihen unterschätzt. Auch die Handelsspannungen, die den Schwellenländern zusetzten, waren heftiger als erwartet.
All diese Ereignisse verweisen auf steigende Risiken. Gleichzeitig bieten die damit verbundenen Marktschwankungen Chancen, die wir nutzen wollen. Nehmen wir einmal die Eurozonen-Peripherie: Ein Blick auf den Renditeabstand spanischer und italienischer 10-jähriger Staatsanleihen zeigt, dass die Anleihemärkte inzwischen recht gut zwischen den Eurozonenländer zu unterscheiden gelernt haben. Seit 2013 wächst die Wirtschaft Spaniens dreimal so schnell wie die Italiens. Die Staatsfinanzen haben sich so weit verbessert, dass wir Spanien seit einiger Zeit als ‚Halbkernland‘ behandeln und nicht mehr als Teil der Peripherie. Die durch Italien verursachte Spreadausweitung in Spanien macht diese Anleihen äußerst interessant.
Auch Italien lohnt sich anzuschauen. Investoren haben die Schwierigkeiten der beiden euroskeptischen Parteien, Lega und Fünf-Sterne-Bewegung, bei der Regierungsbildung völlig unterschätzt. Im Mai löste die Angst vor einem "Italexit"[1], teils geschürt von politischen Manövern der Lega, eine plötzliche Richtungsänderung in der Risikoneigung der Anleger aus. Nachdem sich die Aufregung gelegt hat, bleibt unsere Grundstimmung zur Eurozone optimistisch. Sogar Italien ist wesentlich besser in Form als während der Eurozonenkrise. Aber die Zeiten, in denen bei Rücksetzern ohne große Überlegungen Kauf angesagt war, sind vorbei. Die Volatilität steigt, und nicht nur an den Staatsanleihemärkten der Eurozone oder der Schwellenländer. In der jüngsten italienischen Saga griff die Risikoaversion rasch auf andere Marktsegmente über.
Derartige Episoden dürften ein Stück Normalität werden. Jetzt beginnt offensichtlich die – wenn auch längere – letzte Phase dieses Konjunkturzyklus. Die Zentralbanken fahren ihre Unterstützung zurück. Nach dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgestellten Zeitplan wird die EZB zum Jahresende ihre Anleihekäufe reduzieren. Die von uns für Herbst 2019 erwartete erste Zinserhöhung in der Eurozone dürfte die Renditen bereits im Vorfeld nach oben treiben. Diese steigen bereits jetzt, seitdem die Fed mit Zinserhöhungen begonnen hat. In den nächsten zwölf Monaten dürfte die US-Zinsstrukturkurve zwar flacher, aber nicht invers werden. Die Inflationserwartungen bleiben gut verankert. Die Wirtschaftsdynamik erscheint vorerst solide. Allerdings gibt es genügend politische Risiken, von der Handelspolitik bis zu erneuten Turbulenzen in der Eurozone. Die Angst vor einer möglichen Konjunkturflaute im Lauf der nächsten Jahre dürfte die längerfristigen Zinsen im Zaum halten.
Da der „risikolose“ Zins auf kurzlaufende US-Staatsanleihen wieder interessanter geworden ist, verlagern wir unsere Positionierung stärker auf das kurze Ende der Renditekurve. Für in Dollar denominierte Anleihen, auch der Schwellenländer, bleiben wir vorsichtig konstruktiv. Die Erfahrung zeigt, dass sogar in Zeiten der Kurvenabflachung, wie wir sie jetzt erwarten, die Renditeabstände über längere Zeit recht stabil bleiben können. Daher sehen wir durch die jüngste Spreadausweitung selektive Chancen in den USA, besonders bei kürzer laufenden Unternehmensanleihen. In den Schwellenländern bieten besonders einige der riskanteren Staatsanleihen Chancen. Hartwährungsanleihen ziehen wir gegenüber Anleihen in Landeswährung vor. Bei Unternehmensanleihen erscheinen uns asiatische Anleihen aufgrund des hohen absoluten Renditeniveaus interessant.
Die Fundamentaldaten für europäische Unternehmensanleihen bleiben solide. Wir geben Hochzinsanleihen gegenüber Investmentgrade-Anleihen und europäischen Unternehmensanleihen gegenüber US-Anleihen den Vorzug, da diese vom Tempo der Zinserhöhungen durch die Fed und Aktivitäten im Bereich Fusionen und Übernahmen weniger betroffen sind. Insgesamt befinden wir uns auf dem Weg zurück zu normaleren und volatileren Anleihemärkten.
Konträre Entwicklungen in Spanien und Italien
2013 handelten die spanischen Staatsanleiherenditen noch deutlich über ihren italienischen Pendants. Seitdem hat sich die Entwicklung drastisch umgekehrt.

Quellen: Bloomberg Finance L.P., Deutsche Asset Management Investment GmbH; Stand: 03.07.2018
* 10 Jahre Laufzeit
Reale Federal Funds Rates bleiben relativ niedrig
Historisch gesehen hat die Fed die Zinszügel noch nicht allzu sehr gestrafft. Die Realzinsen bleiben extrem niedrig. Dies wird aber kaum so bleiben.

Quellen: Bloomberg Finance L.P., Deutsche Asset Management Investment GmbH; Stand: 30.06.2018
Währungen
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Der Dollar hat sich gefunden
Die jüngsten Wirtschaftsdaten kann der Dollar auf der Habenseite verbuchen. Doch auf der Sollseite stehen Schulden und Politik.
Eine Währung wird von vielen Faktoren getrieben, die sich grob in Fundamentaldaten, Stimmung/Positionierung und Markttechnik einteilen lassen. Letztere haben unserer Meinung nach dieses Jahr den Dollar am stärksten getrieben. Von den Fundamentaldaten werden die Zinsunterschiede zwischen den USA und anderen Staaten am häufigsten diskutiert. Dabei ist ihr Einfluss auf EUR/USD spätestens mit der extrem lockeren Geldpolitik fast versiegt. Zwei andere Fundamentalfaktoren werden hingegen vernachlässigt: US-Politik und Zwillingsdefizit.
Letzteres dürfte sich aufgrund der großzügigen Trump'schen Steuergeschenke innerhalb zwei Jahren von jetzt rund 5 auf 8 Prozent des BIP ausweiten. Wie unsere Grafik zeigt, bereitete ein hohes Defizit dem Dollar nur einmal keine Probleme: Als Ronald Reagan Anfang der 1980er Jahre Hoffnungen auf neoliberale Wirtschaftsreformen weckte. Und tatsächlich zog das Wachstum bis Mitte der 1980er Jahre spürbar an. Ob man Trumps aktuelles Fiskalprogramm mit ähnlichen Erwartungen verbinden sollte, ist fraglich. Ebenso fraglich ist, inwieweit die Vormachtstellung des Dollars unter der jetzigen Politik leidet. Pikanterweise setzte die Dollarschwäche kurz nach der Wahl Trumps ein. Mit seiner Abneigung gegenüber multilateralen Abkommen und Präferenz für kurzfristige Sanktionen, auch verbündeten Staaten gegenüber, macht es Trump global agierenden Firmen und Banken nicht leicht, sich für den Dollar als Verrechnungswährung zu begeistern. Warum das dem Dollar schadet, steht in unserem CIO View Spezial "Dollar - Pros und Kontras" .
Das US-Zwillingsdefizit wächst weiter
Dollastärkend wirkte es bisher nur einmal

Quelle: Thomson Reuters Datastream, Congressional Budget Office; Stand: 19.06.2018 *Gleitender Viermonatsdurchschnitt; ab 2018 Schätzungen des Congressional Budget Office