Kein anderes Thema wurde im vergangenen Jahr an den Finanzmärkten so breit diskutiert wie die mögliche Zinserhöhung der Fed in diesem Jahr. Die US-Notenbank hat mit ihrer lockeren Geldpolitik den seit 2009 dauernden Aktienmarktaufschwung stark unterstützt. Bedeutet dann im Umkehrschluss ein Richtungswechsel der Fed-Chefin Janet Yellen nicht automatisch eine Belastung für Dividendenpapiere?
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass der S&P 500 Index anfänglich in den Monaten um die Zinswende mit einer erhöhten Volatilität reagiert hat, in den Folgemonaten aber mit Kursanstiegen. Kein Grund zur Sorge also?
Eine differenziertere Betrachtung scheint uns notwendig, welche den Kursanstieg in die beiden Treiber Gewinnwachstum und Aktienmarktbewertung zerlegt. In der Vergangenheit lagen die Steigerungsquoten bei den Unternehmensgewinnen oftmals über 15 Prozent im Jahr der ersten Zinserhöhung, da viele Branchen gerade erst aus der Rezession gekommen waren. Der andere Treiber – die Bewertung – hat dem meist entgegengewirkt. Die Sorge der Marktteilnehmer, dass die Zentralbank mit ihrer inflationsbekämpfenden Zinserhöhung die Konjunktur zu stark bremsen würde, hat hier Bewertungsmaßstäbe wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in der Regel fallen lassen. Trotz gegenläufiger Effekte konnte der Aktienanleger in der Summe 6-12 Monate nach der ersten Fed-Zinserhöhung auf Grund des starken Gewinnwachstums Kursgewinne verbuchen.
Wird sich die Vergangenheit wiederholen? 2015 gilt es zu berücksichtigen, dass sich der US-Aufschwung nicht mehr am Anfang befindet. Deshalb sollten sich Aktieninvestoren für den Rest dieses Konjunktur-Zyklus eher auf einstellige Zuwachsraten bei den Gewinnen des S&P 500 Index einstellen. Auch bei der Bewertung liegen die meisten Kennzahlen bereits über dem historischen Durchschnitt. Ein moderater Rückgang beim KGV in den kommenden Jahren scheint uns deshalb plausibel.
Die Auswirkungen auf Aktien außerhalb der USA dürften in diesem Zyklus aufgrund der divergierenden Zentralbankpolitiken wiederum geringer ausfallen als in der Vergangenheit. Denn auch wenn die Fed die Zügel strafft, sorgen die Zentralbanken Europas, Japans und Chinas global weiterhin für eine Liquiditätsausweitung. In diesem Umfeld bleiben Dividendentitel unverändert eine attraktive Investitionsalternative.
In der Summe haben wir keine Angst vor Frau Yellens Entscheidung. Kurskorrekturen sehen wir eher als Kaufgelegenheit für Aktien.
S&P 500 Index: Reaktion auf erste Zinserhöhung

In über 70% der Fälle ist der US-Aktienmarkt 6-12 Monate nach der ersten Zinserhöhung der Fed gestiegen, im Durchschnitt um ca. 6%.