Jeder Kompromiss droht, nur einige Monate zu halten
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John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, hat am 25. September seinen Rücktritt per Ende Oktober bekannt gegeben. Grund war die Drohung eines Flügels der Republikanischen Partei, einen Haushaltsentwurf zu blockieren, falls dieser weiter Zahlungen an den Verein „Planned Parenthood“ beinhalte.
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Die Wahrscheinlichkeit, dass dies zu einem Regierungsstillstand („Government shutdown“) führt, ist jedoch gering. Der Rücktritt Boehners wird es diesem und der Führung der Republikaner wahrscheinlich ermöglichen, im Repräsentantenhaus die Tea Party Fraktion zu übergehen und mit den meisten Demokraten und Republikanern in den kommenden Tagen an einer Übergangsregelung („Continuing Resolution“, CR) zu arbeiten, welche dem Haus die Budgethoheit über weitere 60 Tage garantieren würde. Der Senat und der US-Präsident würden dem wohl zustimmen.
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Die wichtigere Frage, und der eigentliche Quell der Unsicherheit, ist jedoch, was Ende des Jahres passiert. Da der CR nur bis Mitte Dezember reicht und keine Budgetanhebung beinhalten würde (beides wahrscheinliche Szenarien), steigt die Gefahr eines Regierungsstillstands und einer ausbleibenden Budgetanhebung. Letztere müsste spätestens Mitte Dezember erfolgen. Allerdings hängt das genaue Datum auch von den Steuereinnahmen und Staatsausgaben, sowie dem vorhandenen buchhalterischen Gestaltungsspielraum beim Staatshaushalt ab.
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Wie sich dies genau entwickeln würde, ist schwer absehbar, auch wenn es einige Parallelen zum Regierungsstillstand 2013 gibt. Eine Wiederholung scheint dennoch unwahrscheinlich, da die Republikaner durch ihr damaliges Manöver Wählerzustimmung verloren hatten. Das soll ihnen nun, weniger als ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl, nicht noch einmal passieren.
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Fazit: Die politische Ungewissheit mag kurzfristig zurückgehen, aber eine Budgetsperre Ende des Jahres bleibt möglich.
Die Märkte sehen es vorerst gelassen, doch ein Restrisiko bleibt
Die unmittelbaren Auswirkungen dieses Streits auf die US-amerikanische Wirtschaft und die Märkte dürften gering sein. Sollten die Budgetverhandlungen bis zum Jahresende allerdings immer noch festgefahren sein, könnte daraus ein “schlechtes Ereignis zum schlechten Zeitpunkt” werden. Die Märkte könnten dies als weiteren Anlass nehmen, ihre Risikopositionen abzubauen, insbesondere, wenn sie bereits durch andere Belastungen (China etwa) nervös sind. Der 16- tägige Stillstand 2013 hat die USA 0,1% bis 0,2% ihres Wirtschaftswachstums gekostet und rund 2 Mrd. US-Dollar zum Budgetdefizit dieses Jahres beigetragen.
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Aktien: Ein ungelöster Streit könnte zur Unsicherheit und Volatilität am US-Aktienmarkt beitragen. Auf die Unternehmensergebnisse selbst dürfte jedoch selbst ein Zahlungsstopp im Rahmen eines Regierungsstillstands nur geringe Auswirkungen haben: 2013 zeigte sich, dass alle Beeinträchtigungen nur temporär waren und später revidiert wurden.
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Anleihen: Wir bezweifeln, dass der jetzige Streit sich auf die US-Staatsanleihen oder die Zentralbankpolitik auswirkt. Eine Ausgabensperre würde jedoch ein Restrisiko darstellen, welches das Angebot und den Handel mit US-Staatsanleihen beeinträchtigen könnte. Beim Stillstand 2013 setzte die Ratingagentur Fitch das US-Rating von AAA unter verschärfte Beobachtung, und der Markt sorgte sich über die unmittelbaren Folgen eines Zahlungsausfalls. Gleichzeitig führte die Krise aber zu einer Flucht in sichere Anlagen, sodass sich die Renditen der US-Staatspapiere nicht ausweiteten. Wir erwarten diesmal zwar keine größeren Probleme, erinnern aber an 2011 - als der Kongress das Finanzministerium fast zum Zahlungsausfall trieb -, als die Renditen nach oben schossen und S&P sein Rating für US-Schulden senkte.
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Devisen: Zur Zeit ist der Haushaltsstreit auf den Währungsmärkten kein Thema. Sollte die Risikoaversion weiter steigen, würde ein Stillstand die Lage verschlimmern, was sich positiv auf den Euro und den japanischen Yen gegenüber dem Dollar auswirken sollte.