Wir hatten bei unserem letzten strategischen Ausblick davor gewarnt, dass ein sich verschärfender Handelskonflikt zu einer Revision unserer Prognosen führen könnte. Indirekt ist dies nun eingetreten. Zwar hat sich der Konflikt zuletzt nicht weiter verschärft, doch haben die Zentralbankenunter anderem ihn zum Anlass genommen, deutlich akkommodierender zu agieren. Wir hatten erwartet, dass die US Federal Reserve (Fed) die Leitzinssätze für diesen Zeitraum unverändert belässt. Stattdessen rechnen wir jetzt mit einer Reduktion um 50 Basispunkte, was zwei Zinssenkungen von je 25 Basispunkten entsprechen würde. Auch für die Europäische Zentralbank (EZB) erwarten wir in den kommenden Monaten eine Lockerung der Geldpolitik. Wahrscheinlich wird die EZB versuchen, dies über eine Senkung des Einlagenzinssatzes um 10 Basispunkte und die Einführung eines Staffelungssystems für Geschäftsbanken, die Geld bei der EZB parken, zu erreichen.
Die Unsicherheiten bezüglich dieser Prognosen sind ungewöhnlich groß. Sie spiegeln vor allem die milderen Töne der Zentralbanken selbst wider. Denn insgesamt waren die eingehenden Wirtschaftsdaten gar nicht so schwach. Die Zentralbanken scheinen sich aber zumindest in der Wortwahl stark von sinkenden Anleiherenditen und insbesondere von rückläufigen Inflationserwartungen treiben zu lassen. Zu Recht oder zu Unrecht scheinen viele Marktteilnehmer zu denken, dass die Handelskonflikte weltweit wieder deflationäre Kräfte freisetzen könnten. Und die Fed scheint sich dem Schluss zu nähern, dass dies eine präventive Senkung der Zinsen rechtfertigen würde.
Vor diesem Hintergrund reduzieren wir unsere Prognosen für US Treasuries bis Juni 2020 im Vergleich zu unseren bisherigen Zielen um 30 Basispunkte entlang der Zinskurve, während die Renditedifferenzen (Spreads) für US-Unternehmensanleihen unverändert bleiben. Ähnlich sieht es bei europäischen Staatsanleihen aus. Für europäische Unternehmensanleihen und risikoreichere Staatsanleihen der Eurozone rechnen wir mit einer Einengung der Renditedifferenzen. Ein Grund dafür könnten Hoffnungen sein, dass die EZB ihre Anleihekaufprogramme wieder beleben wird.
Die meisten unserer anderen 12-Monatsziele bleiben unverändert, insbesondere auch die für alle wichtigen Aktienindizes. Dies spiegelt unsere Besorgnis angesichts der bereits eingeführten Freihandelsbeschränkungen wider. Selbst wenn keine neuen Zölle eingeführt werden, dürften die Margen vieler Unternehmen unter den bereits bestehenden Handelshemmnissen leiden. Und angesichts der anhaltenden Handelskonflikte ist keineswegs klar, dass die bescheidenen Zinssenkungen, die wir jetzt prognostizieren, ausreichen werden, um den Aktienmärkten einen weiteren Schub zu geben. Es ist ebenso möglich, dass wir eine Marktkorrektur sehen, bevor die Fed die Zinsen senkt. Zumindest wäre das eine bessere Rechtfertigung für eine solche Kürzung als das, was wir bisher gesehen haben.
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