Spätestens mit den Osterferien werden die reisefreudigen Europäer die Kehrseite einer schwachen Währung erfahren. In vielen Ländern bekommen sie für ihren Euro jetzt deutlich weniger Devisen, d.h. die Disparitäten werden jetzt für alle sicht- und greifbar. Auch anderswo zeigen sich die regionalen Divergenzen: Während sich Amerikaner an der Zapfsäule über die neuerliche Welle der Ölpreisschwäche freuen können, kommt bei den Einwohnern der Eurozone davon wenig bis nichts an. Und beim Kauf von Vorleistungen oder auch bei grenzüberschreitenden Firmenübernahmen genießen Dollar-basierte Unternehmen neuerdings relative Vorteile gegenüber Euro-basierten Firmen.
Warum erwähne ich das, ist doch der schwache Euro einer der Gründe, warum wir Aktien der Eurozone mögen? Werfen wir dafür einen Blick auf die anderen drei Gründe: Das billige Öl, die niedrigen Zinsen und das, hoffentlich nicht nur daraus, resultierende Gewinnwachstum. Doch so stark der Rückenwind von Öl, Euro und Zinsen für Europa derzeit auch ist, er ist endlich. Oder von seiner Dynamik her zumindest nachlassend, nachdem Öl bereits um 50 Prozent eingebrochen ist, der Euro gegenüber dem US-Dollar innerhalb eines Jahres bis zu einem Viertel verloren hat und wesentliche Teile der Zinskurve negativ rentieren. Dies dürfte nach klassischen Bewertungsmaßstäben und nach der jüngsten Börsenrally in der Eurozone das weitere Aufwärtspotenzial begrenzen und die Volatilität nach oben treiben.
Dieses Risikos sollten wir uns für dieses Jahr bewusst sein. Genauso wie der Gefahr, dass Europas Börsen über unsere Kursziele hinausschießen könnten. Schließlich sind zusammen mit der EZB auch alle anderen Marktteilnehmer unfreiwillig Teil des globalen Großexperiments Quantitative Easing , welches viele Fragen aufwirft: Sind historische Kurs-Gewinn-Verhältnisse noch ein guter Maßstab, wie wirkt sich also das Niedrigzinsumfeld und die Geldspritze von EZB und Bank of Japan weiter auf die Bewertung von Aktien aus? Und wie auf das Anlageverhalten von Pensionskassen, Lebensversicherern oder Stiftungen, die allesamt sehr rentenlastig investieren? Wir glauben, dass wir insbesondere in Europa erst am Anfang großer Kapitalverschiebungen stehen, die das vorläufige Ende des Zinses und des Zinseszinses mit sich bringen. Nutznießer bleiben unserer Meinung nach vorläufig risikobehaftete Anlageklassen, insbesondere Aktien. Aufgrund der zu erwartenden Schwankungen im Laufe des Jahres sollte jedoch eine gute Mischung, also Multi Asset, zunehmend wichtig werden.