Es läuft. In Amerika zumindest. Der S&P 500 genießt seit Ende August die längste Rallye seiner Geschichte und erklimmt immer neue Höhen. Folgt nun noch der typische Jahresendspurt, könnte die 3.000er Marke bald fallen. Die anderen Aktienindizes können da nicht mithalten. Der MSCI AC World hat es im Jahresverlauf nur dank der US-Werte ins positive Terrain geschafft. Und während Amerikas Leitbörse schon den Längenrekord eingestellt hat, könnte die Wirtschaft bald folgen. Bereits jetzt befinden sich die USA im zweitlängsten Aufschwung der Nachkriegszeit. Im Juli 2019 könnte es der längste werden. Auch auf die Gefahr hin, prozyklisch zu klingen: davon gehen wir derzeit auch aus. Die Wirtschaftsdynamik hat uns überrascht, so dass wir unsere US-BIP-Prognosen für 2018 von 2,7 auf 2,9 Prozent angehoben haben. Die US-Fed bleibt entsprechend bei ihrem Zinserhöhungspfad, wir rechnen jedoch weiter mit keinem Überschießen von Zinsen und Inflation. Die Firmen genießen derweil ihre neuen Freiheiten und lassen besonders die Aktionäre daran teilhaben: Gewinne werden eher ausgeschüttet als in Löhne oder Investitionen gesteckt. Diese Entwicklung dürfte jedoch nicht nachhaltig sein. Ebenso wenig wie der Fiskalimpuls, den Trump der gut laufenden Wirtschaft gönnt und der 2019 auslaufen wird.
Das führt zur Frage, in welchem Stadium des Zyklus wir uns befinden. Die Antwort ist länderabhängig. Arbeitslosenquote und Zinsentwicklung sind in den USA etwa auf ganz anderem Niveau als in Europa. Und für China galt ja bisher, dass Peking den Zyklus quasi per Dekret bestimmt. Doch inwieweit ist dieser Handlungsspielraum noch gegeben, falls die USA ein größeres Problem mit China hat? Hier fängt der Reigen politischer Risiken an: Handelsstreit, Brexit, Italiens Haushalt und US-Zwischenwahlen. In den kommenden Monaten stehen hier wichtige Entscheidungen an. Dies ist einer der Gründe, warum wir relativ neutral positioniert ins Jahresende gehen – bei Renten, Aktien oder Währungen. Was uns angesichts möglicher Herbststürme jedoch den Rücken stärkt, sind unsere Indikatoren, die nicht auf ein baldiges Ende des Zyklus hindeuten. Das scheinen die Märkte aber ohnehin einzupreisen. Ein neuer Impuls könnte von einer Verlängerung des Zyklus, etwa über Produktivitätssteigerungen, erfolgen.
Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer