Immobilienzyklen sterben nicht einfach an Altersschwäche. Dies sollte auch im zehnten Jahr des von den USA angeführten Aufschwungs nicht vergessen werden. Seit 2009 schwanken die Preis- und Mietzuwächse zwischen Branchen, Ländern und Städten stark. Viele Immobilieninvestments werden außerdem länger als nur einen Zyklus gehalten. Schon allein deshalb ist die kausale Beziehung zwischen Immobilienpreisen und Wirtschaftswachstum um einiges facettenreicher, als vage Erinnerungen an die große Finanzkrise vielleicht nahe legen.
Der letzte Abschwung war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Erstens betraf er die gesamte Welt. Zweitens war das Platzen der US-Wohnimmobilienblase zentraler Auslöser. Selten zeigt sich die Beziehung zwischen Immobilienpreisen und allgemeiner Wirtschaftsaktivität, auch innerhalb eines nationalen Markts, so deutlich. Zwei Dinge bestimmen im Prinzip, wie bei allen Investments, den Wert von Immobilienanlagen: Erstens das erwartete reale Wachstum der Einkünfte (meist Mieten) und zweitens der inflationsbereinigte oder "reale" Zinssatz, mit denen Investoren diese Einkünfte diskontieren. Eine aufgrund höherer Produktivität oder Beschäftigung wachsende Wirtschaft führt zweifelsohne zu höheren Einkünften. Aber auch andere Faktoren, wie die lokale Angebots- und Nachfragedynamik, spielen eine Rolle. Außerdem fallen die Realzinsen in der Regel in einer Rezession und steigen bei einem Aufschwung. Dies kann für Immobilienpreise auch in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche ein Puffer sein – siehe die US-Immobilienpreise seit den 1950er Jahren.
Das heißt nicht, dass wir den Konjunkturzyklus ignorieren sollen. Aber er ist nur ein Teil der Gleichung. Sicherlich sind die Wirtschaftsaussichten in den USA und den anderen großen Volkswirtschaften unsicherer als vor einem Jahr. Wir halten es für zu früh, die Schotten dicht zu machen. Risiken in Erwartung einer kommenden Korrektur zu minimieren und eine gute globale Diversifizierung werden aber immer wichtiger. So entwickeln sich zum Beispiel Immobilien im asiatisch-pazifischen Raum dank starker Kapitalmärkte und stabiler Mieterfundamentaldaten robust. Nicht zu unterschätzende strukturelle Kräfte, von der demographischen Entwicklung bis zum E-Commerce, beeinflussen den Immobilienmarkt außerdem weit über den Zyklus hinaus. In den USA und weltweit berücksichtigen unsere Branchen- und Marktallokationen den fortgeschrittenen Zyklus und strukturelle Faktoren.
Ein Blick auf den europäischen Logistikmarkt, eindeutiger Gewinner des E-Commerce zu Lasten traditioneller Geschäfte, verdeutlicht das empfindliche Zusammenspiel struktureller und zyklischer Faktoren. Mieten im europäischen Logistikbereich steigen weiter überdurchschnittlich. Gleichzeitig werden jedoch mehr Flächen bebaut – sie haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt.[1] In weiten Teilen Europas ist die Nachfrage höher als das Angebot. Der Leerstand liegt im europäischen Durchschnitt bei 4,1 Prozent[2] und tendiert an vielen Märkten weiter nach unten. Auch hier stehen hinter dem Gesamtbild Chancen und Risiken, wie mögliche Auswirkungen globaler Handelsspannungen auf einen bestimmten Standort.
In anderen Segmenten sieht es ähnlich aus. Leerstände sind sehr gering, und die meisten großen Städte sind, teils aufgrund des Bevölkerungszuwachses durch interne Migration aus ländlicheren Gebieten, für nachhaltiges Mietwachstum gut positioniert. Niedrige Leerstände ermöglichen ein aktives Management von Büro-, Logistik- und Wohnraum. Und auch unter Druck stehende Segmente und Länder können Chancen bieten. Wie erwähnt, leiden traditionelle Einzelhändler unter dem sich ändernden Kaufverhalten. Im Vereinigten Königreich dämpfen Unsicherheiten um den Brexit das Anlegerinteresse. Daher erscheint der britische Büro- und Einkaufszentrenmarkt im Vergleich zum restlichen Europa interessant. In diesen Bereichen könnten antizyklische Investitionschancen entstehen – allerdings nur bei akribischer Risikoeinschätzung. Angestrebte Renditen müssen dem Risikoprofil entsprechen, während jedes zusätzliche Risiko durch solide Fundamentaldaten abgesichert werden sollte. Anlagen und Märkte mit mittelfristig schlechteren Perspektiven zurückzufahren erscheint ebenfalls vernünftig. Kurz gesagt: Ja, kein Zyklus dauert ewig, aber wir sehen interessante Chancen.
Immobilienzyklen sterben nicht an Altersschwäche.
Rückblickend verweisen US-Immobilienpreise und größere Rezessionen seit 1945 auf eine wesentlich komplexere kausale Beziehung als häufig angenommen.

Quellen: National Bureau of Economic Research (für Rezessionen), Federal Reserve Board (für Immobilienpreise), Stand: 09/2018
Solide Fundamentaldaten in Europas Städten
In vielen europäischen Städten dürften die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und Beschäftigung in den nächsten Jahren wachsen – und damit auch die Mieten.

Quellen: Oxford Economics, RREEF Management L.L.C., Stand: 11/2018