Marktüberblick

Die Parallelen vom diesjährigen Jahresauftakt zum letztjährigen sind beunruhigend. Beide Male zeigte sich die Börse im Januar trotz vorangegangener Rally und trotz zahlreicher negativer Schlagzeilen relativ robust. Dem folgte 2020 jedoch der Markteinbruch im Februar. Von den Schlagzeilen von damals – Brexit, Trump-Impeachment, Gelbwesten, Unruhen in Hongkong – wirken einige immer noch nach. Nicht zuletzt natürlich das damals erst aufkeimende neue Virus. Auch wenn manche das Gefühl haben, dass der erkenntnistheoretische Fortschritt diesbezüglich überschaubar wäre, hat sich der Umgang mit der Pandemie doch deutlich verbessert. Es stehen bald ein halbes Dutzend verschiedene Impfstoffanbieter zur Verfügung und die Versorgung von Covid-Kranken ist zumindest geübter. Zwar erinnern die Mutationen an das ungebremste Überraschungspotenzial des Virus. Doch schließen wir uns vorerst der allgemeinen Ansicht an, dass die Impfoffensive für eine deutliche Entspannung im zweiten und dritten Quartal sorgen wird. Hier schauen wir gerne auf die Entwicklung in Israel, wo per Ende Januar bereits über die Hälfte der Bevölkerung geimpft wurde, im Vergleich zu 14 Prozent in Großbritannien, fast zehn Prozent in den USA und unter drei Prozent in Deutschland.

Neben Covid stand zu Jahresanfang die US-Politik im Zentrum des Anlegerinteresses. Nach dem überraschenden Sieg über beide Senatorensitze am 5. Januar in Georgia konnten sich die Demokraten letztlich doch noch die Kontrolle über beide Kammern des Hauses sichern. Zwar ist die Mehrheit im Senat die denkbar knappste, dennoch beflügelte diese Entwicklung die Fantasie der Anleger, dass Stimuluspakete, sowie überhaupt politische Entscheidungen nun schneller umgesetzt werden könnten. Die Sorge, dass dazu auch Steuererhöhungen, insbesondere der Unternehmenssteuer, zählen könnten, scheint der Markt nicht zu hegen. Es wird angenommen, dass dies erst im Anschluss an eine nachhaltige Stabilisierung der Wirtschaft (und der Pandemie) erfolgen wird. Neben dem Reflationsthema, das sich im Markt über höhere Staatsanleiherenditen und Inflationserwartungen äußerte, trug die Amtsübernahme Joe Bidens auch dazu bei, Sektoren mit unmittelbarem Bezug zu Umwelt- und Klimaänderungsthemen in den Fokus zu rücken, da Biden hier klare Akzente setzen will.

Auch wenn die großen Indizes im Januar sogar leicht nachgaben (der MSCI AC World Index verlor 0,4 Prozent), häuften sich Ereignisse in Teilmärkten, die man problemlos unter der Rubrik "typische Anzeichen einer Blase" zusammenfassen könnte. Um nur einige zu nennen: die Kryptowährungen setzten ihre Rallye fort und verdoppelten teilweise ihre vorigen Höchststände; eine Vielzahl von Börsengängen, vornehmlich von Technologiefirmen, konnten hohe zweistellige Kursgewinne am ersten Handelstag verbuchen; gleiches gilt für SPACs, Börsenhüllen, die erst nach dem Börsengang durch eine anschließende Firmenübernahme ein operatives Geschäft erlangen und die derzeit mit einer nie gesehenen Geschwindigkeit an den Markt drängen; das Handelsvolumen für Kaufoptionen von Aktien und Aktienindizes an den US-Märkten lag im Januar dreimal so hoch wie im Schnitt der vergangenen Dekade; der S&P 500 Volatilitätsindex notiert seit rund 11 Monaten über 20, die zweitlängste Periode seiner Geschichte; und nicht zuletzt lösten Kurssprünge von 1000 Prozent und mehr in Titeln, die von Hedgefonds stark leerverkauft wurden, und von Kleinaktionären, die sich über den Online Chatraum WallStreetBets organisierten, gekauft wurden. Dass gleichzeitig noch nie so oft der Begriff "stock market bubble" im Internet gesucht wurde, sei nur ergänzend erwähnt. Inwieweit hier Marktungleichgewichte geschaffen werden, deren Korrektur weitere Kreise in den Kapitalmärkten ziehen könnten, beschäftigte die Anleger zunehmend.

Ausblick und Änderungen

Das Umfeld, in dem wir unsere taktische Ausrichtung für die kommenden Monate formulieren müssen, kann man komplex nennen. Unsere im November aufgestellten Kursziele per Ende 2021 wurden zum großen Teil bereits erreicht; wir beobachten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen neuen aggressiven Covid-Mutationen und der internationalen Verabreichung der Impfstoffe; gleichzeitig schwächen sich einige volkswirtschaftlichen Daten als Folge der verlängerten Lockdowns ab.

Anleihen

Die wichtigste Veränderung innerhalb der Anleihen fand bei den 10-jährigen US-Staatsanleihen statt, die wir nun taktisch negativ einschätzen. Wir glauben, dass die Reflationseuphorie noch einige Zeit anhalten wird, auch wenn das fiskalische Konjunkturpaket später kommen und kleiner ausfallen könnte, als manche gehofft hatten. Diese Enttäuschung sollte bereits eingepreist sein, während solide Quartalsberichte und gute Fortschritte im Impfprozess weiterhin vielversprechend sind. Die US-Federal Reserve (Fed) hat unterdessen erneut deutlich gemacht, dass sie sich einer steigenden Inflation nicht in den Weg stellen wird. In Europa bleiben wir bei 10-jährigen Bundesanleihen negativ, haben aber die 10-jährigen italienischen Staatsanleihen wieder auf positiv erhöht, da wir glauben, dass die Märkte auf das politische Rauschen überreagiert haben.

Wir bleiben bei unserer positiven Einschätzung für Euro und US-Unternehmensanleihen (mit Ausnahme von Euro-Hochzinsanleihen), da wir eine anhaltende Nachfrage, aber ein sinkendes Angebot prognostizieren, insbesondere in den USA. Während wir auch für Schwellenländeranleihen (EM) konstruktiv bleiben, haben wir unsere Übergewichtung von EM-Staatsanleihen auf neutral reduziert, da wir befürchten, dass neue Lockdown-Maßnahmen und ein erwarteter Anstieg der Neuemissionen die Kurse belasten könnten.

Bei den Währungen sehen wir den US-Dollar gegenüber dem Euro wieder im Aufwind, nicht zuletzt weil die USA mit ihrem Impfprogramm schneller vorankommt.

Aktien

Bei Aktien haben wir keine Änderungen vorgenommen. Wir bevorzugen nach wie vor die Schwellenländer und Asien sowie den IT-Sektor und warten weiter ab, bevor wir die zyklische Komponente ausbauen. Die amerikanischen und asiatischen Aktienmärkte haben das Jahr 2021 mit neuen Rekordhochs begrüßt und bereits einige unserer Kursziele für den Dezember 2021 übertroffen. Der Optimismus wird durch die Aussicht auf eine anhaltende wirtschaftliche Erholung, ein wahrscheinliches US-Fiskalprogramm von mehr als einer Billion Dollar, überschüssige Ersparnisse der Haushalte und vielversprechende Signale von der Impfkampagne in Israel angetrieben.

Die gegenwärtigen Aktienbewertungen werden vielen erfahrenen Anlegern langsam etwas unheimlich, da sie die scheinbare Blase einer Anlageklasse – Aktien – mit der noch größeren Blase – bei Anleihen – begründen müssen. Bewertungen waren in der Börsengeschichte jedoch selten ein guter Indikator für kurzfristige Marktbewegungen – sie sind nur langfristig von Bedeutung. Mit einem Blick auf die Historie sollten sich Anleger des Risikos bewusst sein, dass ihnen die jetzige Höhe der Bewertungsmultiplikatoren wenig Spielraum für hohes Renditepotenzial in den kommenden fünf bis zehn Jahren lässt. Vorerst stufen wir Aktien weiterhin positiv ein, da wir uns nach wie vor schwer tun, jenen Faktor zu identifizieren, der das jetzige Momentum zum Stoppen bringen könnte. Aus relativer Sicht bleiben wir bei der Übergewichtung des Technologiesektors. Die hohen Wachstumserwartungen wurden in der Berichtssaison für das vierte Quartal bisher weitgehend erfüllt, auch wenn die Anleger von den vorsichtigen Prognosen einiger Unternehmen enttäuscht zu sein scheinen. Zwar scheint der zyklische Aufschwung derzeit eine Pause einzunehmen, er sollte sich jedoch auf einige Sektoren weiter positiv auswirken: 1) Schwellenländer; 2) zyklische europäische Nebenwerte und 3) Subsektoren innerhalb des Konsums, wie etwa Automobilwerte, Zulieferer im Energiesektor oder chemische Grundstoffe und Minenwerte.

Alternative Anlagen

Innerhalb der alternativen Anlagen sind wir positiver gegenüber Rohstoffen geworden. Das Ölangebot sollte sich in nächster Zeit nicht merklich ausweiten. Allein die Produktionskürzung Saudi-Arabiens sollte jeden Nachfragerückgang ausgleichen, der durch die saisonale Abschwächung und den Nachfrageeinbruch durch die Lockdowns verursacht wird. Die Ölproduzenten investieren nach wie vor sehr zurückhaltend. Bei den Industriemetallen sehen wir zwar unvermindert gute strukturelle Fundamentaldaten, glauben aber auch, dass der Preisanstieg während des chinesischen Neujahrs eine Pause einlegen wird. Der Goldpreis wird wahrscheinlich einen neuen Auslöser benötigen, um aus seiner jüngsten Spanne auszubrechen, die durch einen leicht festeren US-Dollar und leicht höheren Realzinsen gedeckelt wird. Der Silberpreis wird derzeit durch einen ungewöhnlichen Nachfrageschub von lose organisierten US-Privatanlegern aufgebläht. Wir erwarten eine Korrektur, sobald die kurzfristige Aufregung abgeklungen ist.

Die Multi-Asset-Perspektive

Aus Portfoliosicht halten wir eine leichte Risikopräferenz aufrecht. In einem leicht reflationären Umfeld geht es zwar weiterhin darum, gezielt Risikoprämien zu vereinnahmen, doch gleichzeitig sollte das Portfolio geradezu "langweilig" ausgewogen bleiben, um der durch hohe Bewertungen gestiegenen Rückschlaggefahr Rechnung zu tragen. Aus selbigem Grund sollte man auch über den Aufbau von Absicherungspositionen nachdenken, auch wenn das aktuelle Marktmomentum noch etwas Luft zu haben scheint. Wir würden die Risikogewichtung in Richtung Ausbau überdenken, sollte die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen die 1,25-Prozent-Marke übersteigen.

Rückblick auf wichtige Anlageklassen

Gesamtertrag seit Jahresbeginn und im vergangenen Monat

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Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.
Quellen: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 31.01.2021

 

Taktische und strategische Signale

Die folgende Übersicht veranschaulicht unsere kurz- und langfristige Positionierung.


Anleihen


Rates 1 bis 3 Monate bis Dezember 2021
US-Staatsanleihen (2 Jahre)    
US-Staatsanleihen (10 Jahre)    
US-Staatsanleihen (30 Jahre)    
Deutsche Bundesanleihen (2 Jahre)    
Deutsche Bundesanleihen (10 Jahre)    
Deutsche Bundesanleihen (30 Jahre)    
UK-Staatsanleihen (10 Jahre)    
Japanische Staatsanleihen (2 Jahre)    
Japanische Staatsanleihen (10 Jahre)    
Spreads 1 bis 3 Monate bis Dezember 2021
Spanien (10 Jahre)[1]    
Italien (10 Jahre)[1]    
US-Investment-Grade-Anleihen    
US-Hochzinsanleihen    
EUR-Investment-Grade-Anleihen[1]    
EUR-Hochzinsanleihen[1]    
Asien-Unternehmensanleihen    
Schwellenländer-Unternehmensanleihen    
Schwellenländer-Staatsanleihen    
Besicherte & spezielle Bonds 1 bis 3 Monate bis Dezember 2021
Covered Bonds[1]    
US-Kommunalanleihen    
US-Mortgage-Backed-Securities    
Währungen
EUR vs. USD    
USD vs. JPY    
EUR vs. JPY    
EUR vs. GBP    
GBP vs. USD    
USD vs. CNY    

Aktien


Regionen 1 bis 3 Monate[2] bis Dezember 2021
USA[3]    
Europa[4]    
Eurozone[5]    
Deutschland[6]    
Schweiz[7]    
Vereinigtes Königreich (UK)[8]    
Schwellenländer[9]    
Asien ex Japan[10]    
Japan[11]    
Sektoren 1 bis 3 Monate[2]
Basiskonsumgüter[12]  
Gesundheit[13]  
Kommunikationsdienstleistungen[14]  
Versorger[15]  
Zyklische Konsumgüter[16]  
Energie[17]  
Finanzwerte[18]  
Industrie[19]  
Informationstechnologie[20]  
Grundstoffe[21]  
Immobilien[22]  

Anlagestil

Nebenwerte USA[23]  
Nebenwerte Europa[24]  

Alternative Anlagen


1 bis 3 Monate bis Dezember 2021
Rohstoffe[25]    
Öl (WTI)    
Gold    
Infrastruktur    
Immobilien (gelistet)    
Immobilien (nicht-gelistet) APAC[26]  
Immobilien (nicht-gelistet) Europa[26]  
Immobilien (nicht-gelistet) USA[26]  

Legende

Taktische Sicht (1 bis 3 Monate)

  • Die taktische Sicht basiert auf der Kursentwicklung der Anleihen.
  •   Positiver Ausblick
  •   Neutraler Ausblick
  •   Negativer Ausblick

Strategische Sicht bis Dezember 2021

  • Bei Staatsanleihen basiert die strategische Sicht auf der Kursentwicklung der Anleihen.
  • Bei Unternehmensanleihen, besicherten und speziellen Bonds sowie Schwellenländer-Anleihen in US Dollar beziehen sich die Signale auf einen optionsadjustierten Spread zu US-Staatsanleihen. Bei in Euro denominierten Anleihen handelt es sich um den Spread zu Bundesanleihen. Die Entwicklung des Spread sowie die Zinsentwicklung bei Staatsanleihen beeinflussen den Anleihewert. Investoren, die rein von der Entwicklung des Spread profitieren wollen, müssen sich gegen das Zinsänderungsrisiko absichern.
  • Die Farben signalisieren das Ertragspotenzial für Long-Only-Investoren
  •   Positives Ertragspotenzial
  •   Die Gewinnchancen, aber auch das Verlustrisiko sind eher begrenzt
  •   Negatives Ertragspotenzial

 

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Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, die sich als nicht zutreffend oder nicht korrekt herausstellen können. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, die sich als nicht zutreffend oder nicht korrekt herausstellen können. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.
DWS Investment GmbH; Stand: 02.02.2021
080521_2 (02/2021)

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