Gestörte Lieferketten in immer mehr Sektoren, Inflationsraten so hoch wie seit fast 50 Jahren nicht mehr und ein Abwärtstrend bei den Zinsen, der sich dem Ende entgegenneigt: Die Coronavirus-Pandemie und der russische Überfall auf die Ukraine haben nicht nur in der Politik für eine „Zeitenwende“ gesorgt, sondern auch in der Weltwirtschaft und an den Kapitalmärkten. Wie ein Multi-Asset-Total-Return-Portfolio für dieses grundsätzlich veränderte Umfeld aussehen sollte, darüber sprachen Klaus Kaldemorgen, Fondsmanager des DWS Concept Kaldemorgen und Christoph Schmidt, Co-Fondsmanager und Leiter des Multi-Asset-Total-Return-Teams, am Mittwoch auf der Multi-Asset-Presseveranstaltung der DWS.

Inflation wird zum strukturellen Phänomen

„Die hohen Inflationsraten, bislang zumeist als vorübergehend bezeichnet, werden zu einem strukturellen Phänomen“, sagte Kaldemorgen. Dazu werde eine sich abschwächende Globalisierung beitragen, was zu niedrigerer Produktivität und höheren Kosten führen werde. Gleichzeitig würden die Versuche, den Klimawandel zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen, sich definitiv nicht disinflationär auswirken. „Bereits in der Vergangenheit haben die geldpolitischen Antworten der Notenbanken auf solche Entwicklungen dafür gesorgt, dass ein ‚soft landing‘ eher die Ausnahme als die Regel war. Noch dazu liegen die Währungshüter schon jetzt reichlich ‚behind the curve‘“ so der Fondsmanager. Erschwerend komme hinzu, dass durch den Wegfall der billigen Energie aus Russland und die nötigen drastisch steigenden Ausgaben für militärische Verteidigung die so genannte Friedensdividende aufgebraucht sei, von der Europa und besonders Deutschland jahrzehntelang profitiert hätten. „Die makroökonomischen Konsequenzen all dieser Entwicklungen sind beunruhigend. Die Konsumnachfrage wird wegen der Teuerung sinken und die Unternehmen werden zusätzlich unter fallenden Margen und steigenden Finanzierungskosten leiden“, prognostizierte Kaldemorgen.

Von Dollar und Gold profitiert

Angesichts der Inflationsentwicklung und dem zuvor historisch niedrigen Zinsniveau seien Staatsanleihen mit langer Laufzeit mittlerweile extrem riskant und hätten ihre Funktion als „sicherer Hafen“ verloren. Gleichzeitig kompensierten Unternehmensanleihen das Risiko sich verschlechternder Kreditqualität nicht hinreichend. „Vor diesem Hintergrund haben wir langlaufende Treasuries und Bunds geshortet, was uns in den ersten Monaten 2022 einen ordentlichen Ertrag aus dem Anleihenportfolio beschert hat“, so der Fondsmanager. Obwohl Anleihen in der Breite derzeit keine attraktive Anlageklasse seien, habe man dem Portfolio zuletzt kurzlaufende Treasuries und in Dollar denominierte Anleihen supranationaler Emittenten hinzugefügt. So rentierten zweijährige US-Staatsanleihen derzeit mit rund 2,6 Prozent, was ein vernünftiges Risiko-Rendite-Verhältnis bedeute. Unter dem Strich habe damit auch der starke Dollar neben der vergleichsweise hohen Gold-Position zur Wertentwicklung des DWS Concept Kaldemorgen beigetragen. „Trotz des Gegenwinds durch eine zu erwartende straffere Geldpolitik und zahlreiche geopolitische Risiken bleiben Aktien unserer Ansicht nach jedoch unverändert die Anlageklasse mit dem größten Ertragspotenzial. Daher streben wir den höchstmöglichen Aktienanteil in unserem Portfolio an. Die Frage ist also nicht, ob man in Aktien investiert, sondern in welche“, sagte Kaldemorgen.

Intelligent kombiniert können Aktien diversifizieren wie Anleihen

Die große Herausforderung bestehe dabei darin, ein Aktienportfolio zu konstruieren, in dem die einzelnen Bestandteile eben jene Diversifikationsbeiträge lieferten, die für ein robustes Portfolio über unterschiedliche Marktszenarien hinweg zwar unabdingbar seien, die mit Anleihen jedoch nicht mehr erzielt werden könnten, erläuterte Christoph Schmidt. „Dass auch Aktien wie Anleihen unterschiedliche Zinsänderungsrisiken aufweisen, hat nicht zuletzt die gegenläufige Wertentwicklung von Growth- und Value-Titeln gezeigt, wo in diesem Jahr bislang ein in Euro gerechnetes Minus von 22 Prozent einem mehr oder weniger unveränderten Niveau gegenübersteht“, sagte der Fondsmanager. Als erfolgreicher Ansatz für die entsprechende Strukturierung eines Aktienportfolios habe sich dabei die Aufteilung in die drei thematischen Töpfe „Wachstum“, „Stabilität“ und „Zyklik“ erwiesen. Allerdings dürften diese drei Bestandteile nicht naiv gleich hoch gewichtet werden, sondern müssten vielmehr entsprechend ihrer jeweiligen Risikobeiträge zum gesamten Aktienportfolio und passend zum aktuellen Marktumfeld repräsentiert sein. „Konkret bedeutet dies, dass wir zuletzt aufgrund der eskalierenden Ukraine-Krise, der Erwartung einer strafferen Geldpolitik und der Unsicherheiten hinsichtlich der neuerlichen Corona-Lockdowns in China den Anteil des ‚Stabilitäts‘- zu Lasten des ‚Wachstums‘- und ‚Zyklik‘-Topfs auf rund 50 Prozent erhöht haben“, so Schmidt. Dabei liege der Schwerpunkt auf defensiven Papieren mit attraktiven Dividendenrenditen etwa aus dem Pharma- und Telekommunikationssektor, die damit Qualitäten böten, die bei Anleihen nicht mehr zu finden seien.

Wachstumswerte nicht weiter reduzieren

Mit Blick auf die Wachstumswerte sagte der Portfoliomanager, dass die von steigenden Zinsen ausgelösten Bewertungskorrektur mittlerweile großteils abgeschlossen sein dürfte. „Zwar war der jüngste Ausverkauf im Technologiesektor nicht nur der Zinsentwicklung geschuldet, sondern hat auch Bedenken hinsichtlich des Gewinnausblicks reflektiert, dennoch sind wir der Auffassung, dass Wachstumswerte aus unserer Total-Return-Perspektive weiter einen substanziellen Anteil an einem gut ausbalancierten Aktienportfolio haben sollten. Im DWS Concept Kaldemorgen sind es aktuell rund 25 Prozent“, so Schmidt. Gleichzeitig sei bei zyklischen Titeln weiter Vorsicht geboten, weshalb dieser Korb im Portfolio auch am niedrigsten gewichtet sei. „Vor allem der Energie- und der Minensektor haben zuletzt zwar kräftig von den steigenden Rohstoffpreisen profitiert und werden häufig als Inflationsabsicherung betrachtet. Das ist angesichts der Gefahr einer nachlassenden makroökonomischen Dynamik unserer Ansicht nach aber eine riskante Einschätzung”, sagte er.

Aktien könnten in den kommenden Jahren im Schnitt sieben Prozent bringen

Was die Kombination aus hoher Inflation und steigenden Zinsen für den Aktienmarkt in den kommenden Jahren bedeuten könne, skizzierte Klaus Kaldemorgen anhand der 1970er, die vor allem aufgrund der ersten Ölkrise von vergleichbaren Bedingungen geprägt gewesen seien. „Zwischen 1973 und 1975 hat der Markt stark auf diese Entwicklung reagiert, wobei US-Aktien um rund 15 Prozent gefallen sind. Der Grund dafür war aber eine kräftige Straffung der Geldpolitik, die die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen auf beinahe 15 Prozent nach oben katapultiert hatte. Eine solche Entwicklung halte ich in diesem Jahrzehnt aber für hochgradig unwahrscheinlich“, so der Fondsmanager. In den vergangenen zehn Jahren seien die globalen Aktienmärkte in Euro gerechnet dann um etwa zwölf Prozent p.a. gestiegen. „Angesichts des strukturellen Gegenwinds sollten wir meiner Ansicht nach also damit zufrieden sein, wenn die Aktienmärkte uns einen durchschnittlichen nominalen Ertrag von jährlich sieben Prozent bescheren würden“, sagte Kaldemorgen.


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