Geldpolitische Maßnahmen werden an den Rentenmärkten auch künftig eine große Rolle spielen, nicht zuletzt aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Wechselkurse. Fed -Präsidentin Janet Yellen scheint immer stärker von den Märkten getrieben, als sie zu treiben. Da bessere Konjunkturdaten die Erwartungen einer Zinserhöhung im Dezember bestärkten, dürfte sie diesen Erwartungen folgen. Aber Zinserhöhungen dürften 2016 „niedrig und langsam“ sein.
Normalerweise würde „niedrig und langsam“ den US-Dollar nicht besonders unterstützen. Aber während Janet Yellen nicht allzu stark an ihrem Seilende ziehen dürfte, lockert EZB -Präsident Draghi absichtlich seinen Griff am anderen Ende des Taus und signalisiert weitere geldpolitische Lockerung (wohl einschließlich eines niedrigeren Einlagensatzes). Dies dürfte eine weitere deutliche Aufwertung des US-Dollar bedeuten.
Weniger riskante US-Anlagen könnten daher für europäische Anleger durch Wechselkursgewinne noch interessanter werden. Europäische Anleger, die in eine relativ stabile Anlageklasse wie US-Anleihen hoher Bonität (Investment Grade (IG) ) investieren, können etwa neben der eigentlichen Rendite von 4 Prozent mit einem Devisengewinn von 3 Prozent rechnen. Ein etwaiger Anstieg der US-Treasury -Renditen dürfte begrenzt sein, das Währungspotenzial und der Kupon bieten also ein beachtliches Polster.
Für US-Anleger ist es nicht ganz so einfach. Zwar sehen US-IG-Anleihen unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten derzeit attraktiver als US-Hochzinsanleihen aus. Doch diese Sicht hängt stark davon ab, welche Annahmen man bezüglich der Ausfallraten von US-Hochzinsanleihen macht. Die derzeit vom Markt unterstellte Rate von 5,5 Prozent impliziert eine stark ansteigende Ausfallquote im Energiesektor. Der starke US-Dollar impliziert, dass sich US-Anleger an den europäischen Rentenmärkten gegen Wechselkursverluste absichern sollten. Davon abgesehen bieten US-IG-Anleihen bereits jetzt höhere Renditen als Euro-IG-Anleihen, obwohl es auch hier interessante Nischen gibt – zum Beispiel bei europäischen Hybridanleihen . Auch Euro-Hochzinsanleihen scheinen 2016 aussichtsreich, nicht zuletzt zur Diversifizierung.
Unter einem starken US-Dollar leiden Rohstoffe und mit ihnen viele Schwellenländeremittenten. Die jüngste Aufhellung der Stimmung gegenüber Schwellenländeranleihen ist eben genau das – eine Stimmung. Sie wird nicht durch eine wirkliche Wende bei den Fundamentaldaten getragen. Daher würden wir bei Schwellenländeranleihen vorerst neutral bleiben.
US und Euro Investment Grade Spreads, 2013-2015
Die Spreads der US-Investment-Grade-Anleihen von Nichtfinanzunternehmen bleiben deutlich höher als die für entsprechende Euro-Anleihen. Gegenüber 2014 haben sie sich insgesamt ausgeweitet.