Um über 70 Prozent sind die Ölpreise von ihrer Spitze im Juni 2014 gefallen. Vor nicht allzu langer Zeit wäre die Reaktion darauf wohl positiv gewesen, weil die Märkte darin Vorteile für Verbraucher und Unternehmen gesehen hätten. Dieses Mal zeigen sich die Märkte jedoch verunsichert. Die Spreads zwischen US-Hochzinsanleihen und US-Treasuries weiten sich seit Monaten aus. Die Verbindung zu sinkenden Ölpreisen liegt auf der Hand: Der Schieferölboom machte Energie zum größten Sektor am US-Hochzinsmarkt: In der Spitze entfielen 15,5 Prozent aller Anleihen auf ihn, jetzt sind es noch etwa 11 Prozent. Erschließung und Förderung machen lediglich 3,5 bis 4 Prozent aus, einschließlich Anleihen, die vor kurzem ihre Einstufung als Investment Grade verloren.
Für Emittenten von US-Hochzinsanleihen sind sicherlich schwere Zeiten angebrochen. Aufgrund der Kombination aus schwierigeren Finanzierungsbedingungen und niedrigerem Ölpreis sind die Ausfallerwartungen gestiegen. Dies erscheint jedoch überzogen, nicht zuletzt aufgrund des rückläufigen Marktanteils der Emittenten im Energiesektor. Der Kursverfall dürfte daher Gelegenheiten im Nichtenergiebereich des Hochzinsmarktes erzeugen.
All dies verschleiert die Tatsache, dass für die US-Wirtschaft insgesamt, auch für die risikoreicheren Schuldner, billigeres Öl in Summe positiv sein sollte – auch wenn kurzfristig die negativen Aspekte die positiven überschatten. Vor diesem Hintergrund bleiben wir zu US-Anleihen hoher Bonität (Investment Grade) auf längere Sicht positiv. Kurzfristig rechnen wir in den anstehenden Quartalsberichten jedoch mit einem generellen Trend zu niedrigem Gewinnwachstum, leicht steigender Fremdverschuldung und schwächeren Deckungsquoten. Die Kreditrisikokennzahlen bleiben im historischen Durchschnitt, wobei dies angesichts höherer Risikoaversion nur schwachen Trost bietet. Seit der jüngsten Emissionsflut ist die Unterstützung für den Sekundärmarkt bestenfalls verhalten.
Obwohl die langfristigen negativen Auswirkungen niedrigerer Ölpreise überzogen dargestellt sein mögen, erscheint vorerst gegenüber US-Hochzinsanleihe- und Investment-Grade-Märkten Vorsicht geboten.
US-Hochzinsspreads und der Ölpreis

US-Hochzinsspreads weiten sich aus, seitdem die Ölpreise sinken. Das aktuelle Spreadniveau verweist auf eine sehr hohe erwartete kumulierte Ausfallrate für die nächsten fünf Jahre.