Allgemeiner Marktüberblick
Ob US-Präsident Trump den Mai wohl als guten Kapitalmarktmonat betrachten wird? Da mühte er sich einmal mehr ab, die globalen Schlagzeilen mit seiner kurzweiligen Interpretation von Politik zu bestimmen, doch an den Märkten zeigen die meisten Tweets eine immer kürzere Halbwertszeit. Seinen wohl baldigen Kollegen aus Italien wurde hingegen deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Geburtswehen der römischen Regierungswerdung haben zu außergewöhnlichen Kapriolen, vor allem an den Rentenmärkten, geführt. Am drastischsten hat sich das bei den 2-jährigen italienischen Staatsanleihen gezeigt. Deren Rendite schnellte am 29. Mai um 184 Basispunkte nach oben, auf 2,70 Prozent. Nur zwei Handelstage später, zum Monatsende, notieren Italiens Zweijährige wieder bei 0,99 Prozent.[1] Solange brauchte es für die 180-Grad-Wende der Koalitionsparteien, die nun doch lieber sofort regieren wollen, als auf Neuwahlen zu setzen. Stand heute. Warum man Italiens teils schwerfälligen, politischen Prozess auch positiv deuten kann, ist unserer Studie "Was kann Italiens Regierung wirklich ausrichten?" zu entnehmen. Radikale Richtungswechsel, etwa in der Europa-Politik, sind von einer neuen Regierung kurzfristig kaum darstellbar.
Auf dem internationalen politischen Parkett zeigt wohl sonst nur Trump eine ähnliche Wendigkeit. Nach vielem Hin und Her werden sich, Stand heute, die USA und Nordkorea doch zu Gesprächen auf höchster Ebene treffen. Geradezu gradlinig, wenn auch in den Augen der meisten Politiker und Ökonomen kontraproduktiv, wirkt hingegen Trumps Handelspolitik. Wohl auch aufgrund der nun fehlenden mäßigenden Stimmen, die alle aus seinem wirtschaftlichen Beraterstab entfernt wurden, traten zum Monatsanfang die Strafzölle auf die Stahl- und Aluminiumimporte der verbündeten Partner Europäische Union (EU), Kanada und Mexiko in Kraft. Alle drei Parteien haben umgehend Vergeltungsmaßnahmen angekündigt. Zudem lässt Trump nun prüfen, inwieweit Autoimporte aus Partnerländern die Sicherheitslage der USA gefährden könnten. Das alles mag, wie Fed-Mitglied James Bullard kürzlich sagte, am Ende zu wenig Veränderung führen und relativ gesprochen noch recht unbedeutend sein.[2] Doch wir würden die Gefahren dieser protektionistischen Tendenzen und der zunehmenden Unberechenbarkeit für den Welthandel nicht unterschätzen, wie wir in unserer Analyse "Freihandel unter Beschuss" dargelegt haben.
Die Kumulation politisch brisanter Nachrichten zum Monatsende (zu der sich per Ultimo noch die überraschende Regierungsabwahl in Spanien gesellte) führte dazu, dass viele Anlageklassen, die einen guten Monatsstart erwischt hatten, wieder ins Minus drehten. Auch auf Jahressicht handelt nun die Mehrzahl der großen Indizes aus den verschiedenen Anlageklassen im Minus. Vor allem die als riskanter geltenden Segmente litten zuletzt unter der gestiegenen Risikoaversion der Anleger. So etwa viele Aktienindizes, europäische Unternehmens- und Peripherieanleihen sowie die Schwellenländer, denen auch der starke Dollar und die zwischenzeitlich auf über 3,0 Prozent gestiegene Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen zusetzten.
Ausblick und Änderungen
Wir glauben nicht, dass die politische Nachrichtenlage im Juni deutlich ruhiger wird. Selbst das Schreckgespenst, dass die Europäische Union und der Euro zumindest in der Wahrnehmung vieler Anleger wieder in Frage gestellt werden könnte, ist mit Blick auf Italien nicht auszuschließen. Auch sorgen wir uns nicht, dass dem Weißen Haus die überraschenden Ideen über den Sommer ausgehen könnten. Allerdings treffen diese dann auf historisch schwache Kapitalmarktmonate, was uns weiter hohe Volatilität bescheren könnte. Die Politik hat also einen prominenteren Platz am Handelstisch der Anleger bekommen. Der starke Dollar, die weiter an der 3,0-Prozent-Marke pendelnde 10-jährige US-Rendite aber auch der hohe Ölpreis, der etwa die deutsche Konsumentenpreisinflation im Mai auf 2,2 Prozent hievte, könnten ebenso für weitere Schwankungen in gewissen Marktsegmenten führen. Etwa in den Schwellenländern, denen wir als Ganzes zwar weiter positiv gegenüberstehen, bei denen aber derzeit ungewöhnlich viele Länder mit schlechten Nachrichten aufwarten. Genannt seien vor allem die Türkei, Brasilien und Argentinien.
Wir nehmen daher aus taktischer Sicht in einigen Vermögensklassen etwas Risiko aus den Portfolios, bleiben angesichts guter wirtschaftlicher Rahmendaten aber weiterhin strategisch optimistisch.
Bei Aktien haben wir aufgrund der politischen Unsicherheiten Europa auf Neutral heruntergenommen. Ansonsten ändern wir keine unserer taktischen Positionierungen, womit auch Deutschland weiter übergewichtet bleibt. Unternehmen, vor allem in den USA, haben eine sehr gute Quartalsberichtssaison absolviert. Wir haben daher unsere Gewinnschätzungen für den S&P 500 für 2018 um 3,2 Prozent angehoben, bleiben hier aber untergewichtet. Bei Schwellenländern teilen wir die fundamentalen Sorgen in Bezug auf einzelne Länder, auch hinsichtlich ihrer starken Währungsabwertungen. Für den MSCI Emerging Markets Index spielt letzteres allerdings eine geringere Rolle, da einige der schwankungsanfälligsten Währungen entweder gar nicht (Argentinien) oder nur mit sehr geringem Gewicht (Türkei) im Index vertreten sind. Wir gehen ohnehin davon aus, dass der von der US-Währung und den US-Zinsen ausgehende Druck im Sommer nachlassen wird, da wir hier die größten Bewegungen gesehen haben sollten.
Bei Anleihen hingegen haben wir einiges an Risiko herausgenommen. Bei Staatsanleihen haben wir Italien und Spanien auf Neutral heruntergenommen. Zwar sehen wir Spanien fundamental deutlich besser aufgestellt als Italien (siehe unser Chart of the Week zum Thema). Allerdings gehen wir davon aus, dass spanische Anleihen sich den Turbulenzen rund um Italien weiter kurzfristig nicht entziehen werden können. Bei Bundesanleihen haben wir etwas umsortiert. Die 2-jährigen haben wir auf Neutral hochgenommen, während wir bei den 10- und 30-jährigen wieder auf Negativ gehen, nachdem die italienischen Selbstfindungstage hier für eine ungewöhnlich hohe Nachfrage gesorgt hatten. Unternehmensanleihen, sowohl aus dem Euro- als auch dem US-Dollar-Bereich, haben wir im Laufe des Monats auf Neutral heruntergenommen, im US-Investment-Grade-Bereich sind wir sogar auf Negativ gegangen. Auch bei Schwellenländeranleihen rechnen wir über den Sommer mit einem geringeren Risikoappetit der Anleger und stufen auf Neutral herunter.
Bei den Währungen behalten wir trotz der beeindruckenden Rally im Mai unsere positive Dollar-Meinung bei. Allerdings glauben wir, dass das Währungspaar EUR/USD in naher Zukunft eher durch einen schwachen Euro als einen starken Dollar getrieben werden wird.
Rückblick auf wichtige Anlageklassen
Gesamtertrag seit Jahresbeginn und im vergangenen Monat

Aktien*
1 bis 3 Monate (relativ zum MSCI AC World) |
bis März 2019 |
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Regionen |
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USA |
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Europa |
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Eurozone |
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Deutschland |
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Schweiz |
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Vereinigtes Königreich (UK) |
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Schwellenländer |
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Asien ex Japan |
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Japan |
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Lateinamerika |
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Sektoren |
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Basiskonsumgüter |
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Gesundheit |
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Telekommunikation |
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Versorger |
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Zyklische Konsumgüter |
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Energie |
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Finanzwerte |
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Industrie |
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Informationstechnologie |
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Grundstoffe |
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Immobilien |
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Anlagestil |
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USA Nebenwerte |
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Europa Nebenwerte |
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Anleihen*
1 bis 3 Monate |
bis März 2019 |
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Staatsanleihen |
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US-Staatsanleihen (2 Jahre) |
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US-Staatsanleihen (10 Jahre) |
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US-Staatsanleihen (30 Jahre) |
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UK-Staatsanleihen (10 Jahre) |
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Italien (10 Jahre)1 |
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Spanien (10 Jahre)1 |
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Deutsche Bundesanleihen (2 Jahre) |
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Deutsche Bundesanleihen (10 Jahre) |
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Deutsche Bundesanleihen (30 Jahre) |
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Japanische Staatsanleihen (2 Jahre) |
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Japanische Staatsanleihen (10 Jahre) |
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Unternehmensanleihen |
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US-Investment-Grade-Anleihen |
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US-Hochzinsanleihen |
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EUR-Investment-Grade-Anleihen1 |
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EUR-Hochzinsanleihen1 |
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Asien-Unternehmensanleihen |
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Schwellenländer-Unternehmensanleihen |
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Besicherte und spezielle Bonds |
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Covered bonds1 |
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US-Kommunalanleihen |
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US-Mortgage-Backed-Securities |
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Währungen |
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EUR vs. USD |
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USD vs. JPY |
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EUR vs. GBP |
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GBP vs. USD |
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USD vs. CNY |
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Schwellenländer |
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Schwellenländer-Staatsanleihen |
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Alternative Anlagen*
1 bis 3 Monate |
bis März 2019 |
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Infrastruktur |
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Rohstoffe |
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Immobilien (gelistet) |
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Immobilien (nicht gelistet) APAC |
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Immobilien (nicht gelistet) Europa |
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Immobilien (nicht gelistet) USA |
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Hedgefonds |
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Erklärungen zu unserer taktischen und strategischen Sicht
Taktische Sicht:
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Hier steht bei Anleihen die Kursentwicklung und nicht die Rendite im Vordergrund.
Strategische Sicht:
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Bei Staatsanleihen steht hier die Rendite und nicht die Kursentwicklung im Vordergrund.
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Die Pfeile beziehen sich bei Unternehmensanleihen und besicherten und speziellen Bonds (inklusive Pfandbriefen) auf den jeweiligen optionsadjustierten Spread.
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Bei nicht in Euro denominierten Anleihen handelt es sich um den Zinsaufschlag (Spread) zu US-Treasuries. Bei in Euro denominierten Anleihen handelt es sich um den Spread zu Bundesanleihen.
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Bei Schwellenländer-Staatsanleihen handelt es sich um den Spread zu US-Treasuries.
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Die Entwicklung des Spread sowie die Zinsentwicklung beeinflussen den Anleihewert. Investoren, die rein von der Entwicklung des Spread profitieren wollen, müssen sich gegen das Zinsänderungsrisiko absichern.
Legende
Die taktische Sicht (1 bis 3 Monate)
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Positiver Ausblick
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Neutraler Ausblick
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Negativer Ausblick
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Ein umkreistes Ampellicht indiziert, dass diese Einschätzung nachfolgend kommentiert ist.
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Die Entwicklung der Ampelsignale ist in den kleinen Graphiken abgebildet.
Die strategische Sicht bis März 2019
Aktienindizes, Wechselkurse und alternative Anlagen:
Der Steigungswinkel signalisiert, ob wir bei einem Aktienindex oder einem Wechselkurs eine Aufwärtsentwicklung, eine Seitwärtsentwicklung oder eine Abwärtsentwicklung erwarten.
Die Farbe der Pfeile signalisiert das Ertragspotenzial für Long-Only-Investoren.
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Positives Ertragspotenzial
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Die Gewinnchancen, aber auch das Verlustrisiko sind eher begrenzt
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Negatives Ertragspotenzial
Anleihen:
Bei Staatsanleihen signalisiert der Pfeil die Erwartung eines Aufwärtstrends, Seitwärtstrends, Abwärtstrends. Bei Unternehmensanleihen, besicherten und speziellen Bonds sowie Schwellenländer-Anleihen beziehen sich die Pfeile auf einen optionsadjustierten Spread zu US-Staatsanleihen: steigender Spread, Seitwärtsbewegung, fallender Spread.
Die Farbe der Pfeile signalisiert die Kurschancen für Long-Only-Investoren
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Positives Ertragspotenzial
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Die Gewinnchancen, aber auch das Verlustrisiko sind eher begrenzt
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Negatives Ertragspotenzial
Fußnoten:
* Stand: 31.05.2018
1 Spread bezogen auf deutsche Bundesanleihen in Basispunkten
1 . Das Deutsche Bank Research-Team um Jim Reid musste bis 1982 zurückblicken, um den bisher einzigen dokumentierten Sprung von über 100 Basispunkten einer 2-jährigen Staatsanleihe einer G7-Nation zu finden. Damals überraschte der Fed-Vorsitzende Paul Volcker die Märkte mit einer kräftigen Leitzinsanhebung.
2 . James Bullard in einem Interview mit Bloomberg TV vom 1. Juni.