06. Jun 2023 ESG

Neuer Siedepunkt: die Erwärmung der Ozeane

Mit Beginn der Urlaubssaison sind steigende Temperaturen und Hitzewellen wieder vermehrt Gegenstand der öffentlichen Debatte. Dass dies nicht nur an Land eine Rolle spielt, sondern gleichermaßen eine Bedrohung für die Ozeane ist, wird dabei oft übersehen.

Tatsächlich zeigen die jüngsten Daten der ‚National Oceanic and Atmospheric Administration‘, dass im April dieses Jahres die durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur 21,1 Grad Celsius und damit neuen Höchststand[1] erreicht hat (Abbildung 1).


Abbildung 1: Globale Meeresoberflächentemperaturen im Jahr 2023 im Vergleich zu früheren Jahren, beginnend 1981

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Quelle: University of Maine, Climate Change Institute https://climatereanalyzer.org/clim/sst_daily/

Dieser Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen ist darauf zurückzuführen, dass die Ozeane seit den 1970er Jahren etwas mehr als 90 % der durch Kohlendioxidemissionen eingefangenen Wärme absorbieren.

Neue Dimension an Hitzerisiken kündigt sich an

Der Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen ist darauf zurückführen, dass Ozeane seit den 70er Jahren eine zentrale Rolle bei der Aufnahme von mehr als 90% der durch Kohlendioxidemissionen eingeschlossenen Wärme spielen.[2] In diesem Jahr stellt die Entwicklung eines El Niños ein zusätzliches Risiko dar[3]. Dieses Wetterphänomen führt zu einer Wasserserwärmung im zentralen und östlichen, äquatorialen Pazifik, was sich vor allem auf die Fischerei in dieser Region negativ auswirkt. Zusätzlich hat sich bislang gezeigt, dass El-Niño-Phänomene zu Dürreperioden in wichtigen Nahrungsmittel-produzierenden Regionen führen können, wodurch sich die Ernteerträge zum Beispiel in Australien und Teilen Asiens verringern.[4]

Aus Sicht der Gesundheit der Ozeane und des Klimas stellt die Erwärmung der Meere bereits jetzt eine große Gefahr an mehreren Fronten dar, durch:

  • eine thermische Ausdehnung und damit ein Anstieg des globalen Meeresspiegels
  • eine höhere Intensität, Häufigkeit und Dauer mariner Hitzewellen, die das Absterben von wichtige Klimaregulatoren wie Seetangwäldern und anderer Küstenvegetation verstärken
  • eine zunehmende Korallenbleiche
  • einen sinkender Wasser-ph-Wert und steigender Säuregehalt und dadurch eine schlechtere Ausbildung von Muscheln und Skeletten bei Meerestieren
  • eine Beeinträchtigung der Fortpflanzungsrate von Kaltwasser-Meerestieren
  • eine höhere Verdunstung und damit eine zunehmende Gefahr zerstörerischer Hurrikane und Taifune, vor allem im Ostatlantik und im Zentralpazifik[5]

Diese Faktoren können die weltweite Fischereiindustrie und die schätzungsweise 600 Millionen Menschen, deren Lebensunterhalt zumindest teilweise von der Fischerei und Aquakultur (Fischzucht) abhängt, stark belasten.[6] Von den untersuchten Fischbeständen der Welt sind heute bereits 35,4 Prozent überfischt. In den 1970er Jahren waren es nur etwa 10 Prozent[6]. Ein Teil des Problems besteht darin, dass sich der Fischverzehr in den letzten 30 Jahren verdoppelt hat.[7]

Im Wesentlichen war die Aquakultur in den letzten vier Jahrzehnten für das Wachstum der Meerestierproduktion verantwortlich, während der Wildfischfang relativ konstant blieb (Abbildung 2). Im Jahr 2020 erreichte die weltweite Aquakulturproduktion einen Rekordwert von 122,6 Millionen Tonnen. Hiervon entfielen etwas mehr als 90 Prozent der Produktion auf Asien. Dem gegenüber stehen 90,3 Millionen Tonnen Wildfischfang weltweit.[8] Obwohl die Aquakultur zu einer wichtigen Wachstumsquelle geworden ist, ist der Fischereisektor immer noch stark vom Wildfischfang abhängig. Ein großer Teil der Futtermittel für die Aquakultur stammt aus dem Wildfischfang, denn man braucht letzteren, um ersteren zu ernähren.[8]


Abbildung 2: Wildfischfang versus Aquakultur

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Quelle: Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen

Eine Transformation der Fischzucht-Industrie ist unumgänglich

Die Erwärmung der Meere beeinträchtigt Wachstum und Überleben bestimmter Kaltwasserarten wie zum Beispiel des Atlantischen Lachs. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Fischzucht, da zum Beispiel deutlich häufiger Krankheiten auftreten können.[9]

Da sich die Aquakultur zu einem riesigen Industriezweig entwickelte und vor etwa einem Jahrzehnt die Produktion der Fangfischerei überholt hat (siehe Abbildung 2), muss man sich hier dringend mit einem nachhaltigeren Ansatz beschäftigen. Dazu gehört es, dass Fischzuchtunternehmen Maßnahmen ergreifen, um die eigenen ökologischen und sozialen Auswirkungen zu minimieren oder abzuschwächen, insbesondere im Hinblick auf die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen und die Gesundheit der Meere.

35,4 % der weltweit bewerteten Fischereien sind heute überfischt, verglichen mit etwa 10 % in den 1970er Jahren.

Aus der Investorenperspektive ist es wichtig darauf zu achten, dass sich Fischzuchtunternehmen unter anderem zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Einklang mit wissenschaftlichen Standards verpflichten. Das könnte zum Beispiel durch eine vollständige Elektrifizierung der Produktionsstätten und die Verringerung der Abhängigkeit von Dieselgeneratoren umgesetzt werden.[10] Ein weiterer Fokus eines Engagements könnte sich auf die Rückverfolgbarkeit von Meerestieren in der Lieferkette, die Transparenz bei der Zertifizierung von Zutaten aus dem Meer, die Gewährleistung fairer und sicherer Arbeitsbedingungen in Aquakulturbetrieben und in der gesamten Lieferkette sowie auf Strategien zum Klimawandel konzentrieren.

Wenn es um das Engagement der DWS rund um die Blue Economy geht, sind wir besonders an der Verpflichtung der Unternehmen interessiert, einen wissenschaftlich fundierten langfristigen Fahrplan für Netto-Null-Emissionen aufzustellen, der alle relevanten Scope-3-Emissionen sowie seine Bemühungen zur Verbesserung der Meeresgesundheit einschließt. So sind beispielsweise 70 Prozent von Makroplastik im Meer auf die Fischerei zurückzuführen.[11]

 

Nachhaltige Fischerei und die Leitprinzipien von UNEP FI

Aus der Investitionsperspektive ist es daher ebenfalls wichtig, Unternehmen zu ermutigen, die Sustainable Blue Economy Finance Principles (Grundsätze für die Finanzierung einer nachhaltigen Blue Economy) zu unterzeichnen und Investoren in diesem Bereich zu ermutigen, die Leitlinien der United Nations Environment Programme Finance Initiative (UNEP FI) zu nutzen.

Die Grundsätze für die Finanzierung einer nachhaltigen Blue Economy wurden vom WWF, von der Europäischen Investitionsbank, der Europäischen Kommission und der International Sustainability Unit aufgestellt und werden heute von der UNEP FI verwaltet. Die Grundsätze zielen darauf ab, Finanz- und Investitionsentscheidungen in Richtung von nachhaltigen Entwicklungspfaden zu lenken und sicherzustellen, dass meeresbezogene Investitionen einen langfristigen Wert schaffen, ohne negative Auswirkungen auf folgende Bereiche zu haben:

  1. Meeresökosysteme
  2. Bemühungen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen
  3. Einkommensströme meeresbezogener Unternehmen aller Größenordnungen und
  4. Lebensgrundlagen der Menschen, die von den Meeren abhängen.

 

Die Finanzierungsgrundsätze sind so konzipiert, dass sie mit dem Ziel für eine nachhaltige Entwicklung der Ozeane (SDG 14) in Einklang stehen und bestehende Rahmenwerke für verantwortungsvolle Investitionen wie die Equator Principles und die UN PRI ergänzen.

 

Als Endverbraucher einen Beitrag leisten mit dem MSC Siegel

Endverbraucher können durch den Kauf von Produkten mit dem MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) zu nachhaltigeren Fischereipraktiken beitragen. Ende März 2023 waren 19 Prozent der weltweit gefangenen Fischereierzeugnisse entweder schon nach MSC-Standard zertifiziert oder in der befanden sich in der entsprechenden Prüfung.[12]

Weitere Themen

Discover more

1. University of Maine, Climate Change institute

2. University of Oxford. Zanna, L., Khatiwala, S. et al. (June 2019). Global reconstruction of historical ocean heat storage and transport

3. NOAA (April 2023) ENSO Update: El Niño watch: “62% chance that El Niño will develop during the May to July period, and more than 80% chance of El Niño by this fall”

4. FAO (2014). Understanding the drought impact of El Niño on the global agricultural areas

5. NOAA (May 2022). Climate change has been influencing where tropical cyclones rage

6. FAO (2022) The state of world fisheries and aquaculture 2022  https://www.fao.org/3/cc0461en/online/sofia/2022/status-of-fishery-resources.html

7. Marine Stewardship Council (August 2021). The world could eat more fish if we try to catch less

8. FAO (2022). State of world fisheries and aquaculture

9. UK Government Office for Science (November 2017). Foresight – Future of the Sea

10. DWS Investment GmbH (October 2022) Concept ESG Blue Economy Engagement Report 2021 ?filename=BE_Engagement_Report_EN_2022.pdf&assetGuid=2ad3f1e1-7fc1-446e-87ca-6987e145d7de&source=DWS

11. Lebreton et al (2014). Plastic pollution in the world’s oceans: More than 5 trillion plastic pieces weighing over 250,000 tons afloat at sea

12. MSC (April 2023). MSC sets out strategy for expansion of sustainable seafood https://www.msc.org/media-centre/press-releases/press-release/msc-sets-out-strategy-for-expansion-of-sustainable-seafood

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