03. Feb 2023 Alternative Anlagen

Investmentampeln

Unsere monatliche Marktanalyse und Positionie-rung

Björn Jesch

Björn Jesch

Global Chief Investment Officer
  • In einem der stärksten Jahresauftakte haben vor allem jene Anlageklassen, die im Vorjahr besonders viel verloren haben, wieder einiges aufholen können.
  • Chinas Öffnung und Europas Resilienz haben diese Rally mitgetrieben.
  • Die Arbeit der Zentralbanken macht das nicht unbedingt leichter. Zumal das Rezessionsrisiko in den USA unvermindert hoch bleibt.

1 / Marktüberblick

 

1.1 Starker Jahresauftakt macht die Aufgabe der Zentralbanker nicht leichter


Der beste Jahresstart für globale Aktien[1] seit 1988, mit einem Plus von 7,1 Prozent[2]. Und den meisten anderen Anlageklassen erging es nicht sehr viel schlechter. Bei so einem Jahresauftakt kann es um die globale Wirtschaft doch nicht so schlecht bestellt sein, oder? Die Antwort darauf kann nur ein klares Ja-Nein sein. So wie wir es überhaupt dieses Jahr mit einigen Gegensätzen zu tun haben, die sowohl Anleger und Zentralbanken noch weiter beschäftigen dürften.

Denn diesen Jahresauftakt gilt es richtig einzuordnen. Unbestreitbar wurde er durch einige überraschend positive Entwicklungen mitgetragen. So die rückläufigen Inflationsraten vor allem in den USA, die stark eingebrochenen Energiepreise in Europa (Gas[3] kostet so wenig wie zuletzt im September 2021), die damit einhergehende Hoffnung, dass die Eurozone einer (technischen) Rezession diesen Winter entkommen dürfte, und Chinas abrupte Öffnung[4], die auf der einen Seite viel Leid in der Bevölkerung verursacht hat, aber auf der anderen Seite die Basis für positivere Wachstumsperspektiven im laufenden Jahr gelegt hat. Dies dürften wichtige Gründe für die Ausweitung der Markterholung gewesen sein, die vergangenen Oktober anfing.

Doch einige Negativfaktoren sind bestehen geblieben, oder haben sich sogar noch verstärkt. Sei es die vor allem in Europa hartnäckig hohe Kerninflation; die wirtschaftliche Schwäche Großbritanniens; die zunächst weiter schwachen Wirtschaftszahlen aus China[5]; der Ukraine-Krieg, für den weiterhin jedes Exit-Szenario fehlt; und natürlich die weiterhin nicht schwindenden Hinweise auf eine Rezession in den USA. Schwache Einkaufsmanagerindizes, schwacher Konsum, schwache Industrieproduktion, die allesamt den Frühindikator des Conference Board in beängstigendes Terrain[6]drückten. Und auch der markteigene, erschreckend zuverlässige Rezessionsindikator, die Zinskurve, warnt weiter eindrücklich: seit sieben Monaten rentieren 2-jährige Treasuries über den 10-jährigen, und mit minus 70 Basispunkten ist die Kurve so negativ wie zuletzt in den 1980er Jahren. Derweil bleiben die Arbeitsmärkte auf beiden Seiten des Atlantiks robuster als von den Zentralbanken gewollt, allerdings wohl aus teilweise wenig erfreulichen Gründen: es fehlt schlicht am Angebot.

Und damit wären wir beim Hauptthema für Zentralbanken und Anleger: gelingt, insbesondere in den USA, eine weiche Landung, also eine Inflationszähmung ohne eine ausgewachsene Rezession? Im Januar schienen die Märkte schlechtere Konjunkturaussichten mit Blick auf eine dann vielleicht weniger rigide agierende Federal Reserve (Fed) positiv zu bewerten. Gegen den ausdrücklichen Willen der Fed, da diese mehrfach betonte, man würde sich mit Zinssenkungen diesmal ausgiebig Zeit nehmen.

1.2 Im Januar revidierte der Markt viele 2022er Trends; Europa und China vor USA

„Die Letzten werden die Ersten sein“ galt für viele Anlageklassen im Januar. Schließlich sollte man nicht vergessen, dass die aktuelle Rally auf den Kursstürzen des vergangenen Jahres aufbaut. So ging dem Plus von 10,7 Prozent des Nasdaq 100 im Januar (bester Jahresauftakt seit 2001!) der Kursverlust von 35 Prozent in der Spitze 2022 voraus. Als Profiteur von Chinas Öffnung ging es fast ebenso stark mit dem Hang Seng Index voran (10,4 Prozent), der allerdings in den vergangenen zwei Jahren von seinem Hoch zwischenzeitlich über die Hälfte seines Wertes abgegeben hatte. Ebenfalls zweistellig voran ging es mit europäischen Banken[7] aufgrund des Zinsumfelds, aber auch mit Italiens Aktien, wo sich die neue Regierung als weit geringerer Schrecken für die Märkte entpuppte als ursprünglich befürchtet. In Summe führte das zu einer klaren Outperformance Europas gegenüber den USA: der Euro Stoxx 50 stieg um 9,9 Prozent, der S&P 500 um 6,3 Prozent, in Euro gerechnet waren es fast zwei Prozentpunkte weniger.

An den Anleihemärkten profitierten die länger laufenden Titel naturgemäß am deutlichsten von den leicht gesunkenen Renditen, auch hier schnitt Italien besonders gut ab – bei den 10-jährigen Renditen ging es um 55 Basispunkte runter[8].

An den Rohstoffmärkten waren es die rückläufigen Preise der Energieträger, die dem Rest des Marktes Auftrieb gaben.Mit Industriemetallen ging es teils zweistellig aufwärts, wohl auch mit Blick auf Chinas Öffnung. Bei Edelmetallen gab Silber nach, während Gold, wohl aufgrund starker Zentralbankkäufe, auch im risikoaffinen Umfeld deutlich zulegen konnte. Allerdings weit entfernt von der anderen vermeintlichen Geldalternative, den Kryptowährungen, deren wichtigste Vertreter um 40 Prozent zulegen konnten – nach den dramatischen Verlusten des Vorjahres.

2 / Ausblick und Änderungen

 

Die jüngsten Wirtschaftsdaten und Gespräche mit europäischen Unternehmen bestätigen unsere Ansicht, wonach Europa mit einer sehr milden Rezession, wenn überhaupt, überwintern könnte. In den USA konzentrieren sich die Bären auf die anhaltende Inversion der Renditekurve – die oft als Zeichen einer bevorstehenden Rezession angesehen wird – und die schlechten Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen. Wichtiger ist unserer Ansicht nach jedoch, dass die Inflation in den USA deutlich zurückgeht, und wir gehen davon aus, dass der Leitzins der US-Notenbank im März/April seinen Höchststand bei etwa fünf Prozent erreichen wird. Dieses Szenario hat es den Anlegern ermöglicht, sich auf das Licht am Ende des Tunnels zu konzentrieren und das Jahr in einer positiven Stimmung zu beginnen. Darüber hinaus hat die rasche wirtschaftliche Wiederbelebung in China die Wachstumsaussichten in Asien erhöht.

2.1 Monatsfokus: Aufwertung der Schwellenländer

Anfang Oktober hatten wir die Talsohle bei den Aktien der Schwellenländer (EM) erreicht. Seitdem haben wir Folgendes erlebt: 1) eine dramatische Kehrtwende in Chinas Covid-Strategie; 2) eine bessere Liquiditätsunterstützung für den chinesischen Immobiliensektor; 3) eine leichte Verbesserung der geopolitischen Beziehungen mit persönlichen Gesprächen zwischen Biden und Xi; 4) gute Nachrichten über Börsennotierungsregeln chinesischer Firmen in den USA; und 5) eine regulatorische Erleichterung der chinesischen Regierung für den lokalen Technologiesektor, die die Bedeutung des Privatsektors in China nach den früheren strengen Regierungsmaßnahmen wieder unterstreicht. Darüber hinaus dürften die Schwellenländer weltweit von einem Ende der geldpolitischen Straffung der Fed und der Aufwertung des US-Dollars profitieren. Wir erwarten eine rasche Erholung des chinesischen BIP im Jahr 2023, die vom Konsum und den Dienstleistungen getragen wird. Im Gegensatz zu den entwickelten Märkten (DM) dürften die Gewinne in den Schwellenländern im Jahr 2023 steigen (rund 15 Prozent Wachstum gegenüber stagnierendem Wachstum im Rest der Welt), während der Kurs-Gewinn-Abschlag von 33 Prozent gegenüber dem S&P 500 größer bleibt als der Durchschnitt der letzten 20 Jahre von 25 Prozent.6 Daher glauben wir, dass es noch nicht zu spät ist, weitere Mittel in die Schwellenländer umzuschichten. Wir stufen EM und Asien ex Japan relativ zum MSCI AC World Index auf "outperform" hoch.

2.2 Anleihen

Staatsanleihen
Die Märkte zweifeln an der Entschlossenheit der Fed, die Zinsen länger hochzuhalten, da die Inflations- und Wirtschaftsdaten der letzten Wochen für eine geldpolitisch lockerere Haltung zu sprechen scheinen. Der Spitzenzinssatz selbst ist vielleicht die weniger kritische Frage – der Markt sieht den Spitzenwert dieses Zinszyklus bei etwas unter fünf Prozent, während die meisten Fed-Mitglieder auf mehr als fünf Prozent hindeuten. Das größere Enttäuschungspotenzial liegt wahrscheinlich im Tempo der Zinssenkungen. Die Märkte rechnen mit zwei Zinssenkungen noch in diesem Jahr – wir nicht.

Die bisherigen Inflationsrückgänge waren leichtes Spiel – Basiseffekte -, die Fortschritte könnten aber ins Stocken geraten, wenn beispielsweise Öl und andere Rohstoffe wieder ansteigen. Wir gehen davon aus, dass die Fed eine Pause bei fünf Prozent (oder etwas mehr) einlegen wird. Die jüngste Marktrally hat die finanziellen Bedingungen bereits etwas gelockert. Die Glaubwürdigkeit der Fed hängt jedoch davon ab, dass sie weiterhin eine aggressive Haltung an den Tag legt und sich nicht zu einem verfrühten Kurswechsel zwingen lässt. Wir glauben daher, dass 10-jährige US-Staatsanleiherenditen weiter steigen könnten.

Bei deutschen Anleihen haben wir sowohl 2- als auch 10-jährige Bundesanleihen auf -1 herabgestuft, da wir für die kommenden Monate, in denen die EZB die Zinsen weiter anheben dürfte, einen Seitwärtshandel mit einer leichten Tendenz nach oben erwarten.

Die Spreads 10-jähriger italienischer Anleihen haben wir von -1 auf neutral herabgestuft, da die Märkte anscheinend wieder auf Risiko eingestellt sind und Carry-Anleihen wieder bevorzugt werden. Überraschenderweise gab es bisher keine politischen Auseinandersetzungen zwischen der EU und der neuen italienischen Regierung, und die Märkte scheinen sich keine Sorgen über die bevorstehenden großen wirtschaftlichen Herausforderungen und die hohen Renditeniveaus zu machen.

Die Bank of Japan beschloss, "die Nachhaltigkeit der geldpolitischen Lockerung zu verbessern", indem sie die Renditeobergrenze für 10-jährige Anleihen verdoppelte, das Renditeziel jedoch bei 0 Prozent und den Leitzins bei -0,1 Prozent beließ. Die japanische Notenbank will mit dieser neuen Politik auch die "Funktionalität" des Marktes verbessern. Die zunehmenden Interventionen, die erforderlich sind, um die 10-Jahres-Rendite unter der neuen Obergrenze von 0,5 Prozent zu halten, führen jedoch nicht zu einer größeren Liquidität des Marktes.

Investment-Grade-Anleihen
Heraufstufung der USA auf Neutral: Die Fed nähert sich dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus, die Inflation ist rückläufig, und die zunehmende Besorgnis über die Quartalsergebnisse könnte die tatsächlichen Preisreaktionen dämpfen, wenn die Erwartungen verfehlt werden.

Euro-Anleihen haben wir auf +1 hochgestuft. Die Neuemissionstätigkeit hat sich seit Jahresbeginn drastisch verlangsamt, was bereits zu einer Verteuerung der Titel geführt hat. Da die Anleger über viele liquide Mittel verfügen, wird die Nachfrage wahrscheinlich hoch bleiben.

Hochzinsanleihen
Trotz der Tatsache, dass die EZB ihre relativ restriktive Haltung beibehalten hat, hat sich der Euro-Hochzinsanleihen-(HY-)Markt in diesem Jahr bisher recht gut entwickelt. Vor allem die Segmente mit höherem Beta haben sich besser entwickelt als der Gesamtmarkt, während Anleihen mit höherer Qualität leicht hinter dem Gesamtmarkt zurückgeblieben sind. Der Primärmarkt hat sich nach der saisonalen Pause im Dezember wieder geöffnet. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Anleger auf hohe Marktschwankungen vorbereitet sein müssen. Wir gehen davon aus, dass makroökonomische Faktoren auf kurze Sicht weiterhin dominieren werden, und präferieren daher, taktisch vorerst an der Seitenlinie zu bleiben. Das Gleiche gilt für US-HY-Anleihen.

Schwellenländer
Asiatische Anleihen haben sich weiter erholt, wobei die Stimmung der Anleger positiv ist, da China sich weiter öffnet und unterstützende Maßnahmen für den Immobiliensektor einführt. Im Vorfeld des chinesischen Neujahrsfestes setzten die Anleger Teile ihrer hohen Liquidität ein, und HY-Anleihen schnitten besser ab als IG-Anleihen. Der Primärmarkt war weiterhin aktiv, und Neuemissionen erzielten anständige Emissionsprämien. Zudem fand die erste chinesische HY-Immobilientransaktion seit über einem Jahr statt und wir erwarten angesichts des jüngsten Stimmungsumschwungs weitere. Wir bleiben bei unserer taktischen Einschätzung von +1.

Euro vs. Dollar
Die EZB verfolgt nach wie vor eine restriktive Haltung und hält an dem im Dezember festgelegten Zinspfad fest, was dem Euro zugutekommt. Währenddessen korrigieren die US-Wirtschaftsexperten ihre Konjunkturprognosen nach oben – und dennoch tendiert der Dollar Index [9]weiter nach unten. Der Markt ist nach wie vor dem Euro gegenüber positiv gestimmt, und die Nettoposition am internationalen Geldmarkt hat sich kaum verändert. Zum jetzigen Zeitpunkt tendieren wir immer noch zu einer Long-Position im Euro, bleiben aber vorsichtig.

2.2 Aktien

Wie oben ausführlicher dargelegt, hatten die Märkte gute Gründe, das Jahr positiv zu beginnen. Im Moment sind wir mit unserem (strategischen) S&P 500-Ziel für Dezember 2023 von 4.100 Punkten zufrieden, was gegenüber dem aktuellen Niveau nur wenig Spielraum nach oben lässt. Unsere Ziele für Europa (taktische Einschätzung: Übergewicht) und die Schwellenländer (taktische Einschätzung: Übergewicht) könnten jedoch nach oben korrigiert werden, da wir glauben, dass ihr übermäßiger Bewertungs-Abschlag gegenüber dem US-Markt noch weiter schrumpfen kann. Trotz einer gewissen makroökonomischen Verbesserung wollen wir jedoch nicht zu optimistisch werden. Die Gewinnspannen der Unternehmen erreichten im Jahr 2022 historische Höchststände, was auf die Fähigkeit der Unternehmen zurückzuführen ist, ihre Preise zu erhöhen. Da die Preissetzungsmacht und die Inflation nachlassen, erwarten wir einen Rückgang der Gewinnspannen in Europa und in den USA und damit stagnierende Gewinne für den MSCI World Index im Jahr 2023. Die fehlende Gewinn-Dynamik könnte noch eine ganze Weile anhalten. Wir sind besorgt, dass die globalen Aktienmärkte in eine längere Phase eingetreten sein könnten, in der ihr jährliches Renditepotenzial auf 0-5 Prozent begrenzt ist, während Anleihen, deren Aussichten aus unserer Sicht besser sind als die von Aktien, eine attraktive Alternative bieten.

Zyklische Unterstützung kann nicht nur für Asien, sondern wahrscheinlich auch für europäische Nebenwerte (SMid Caps) angeführt werden. Nach einer Periode deutlicher Underperformance gegenüber Standardwerten haben wir unsere "Übergewicht"-Empfehlung für den MSCI Europe SMid Cap gegenüber dem Stoxx 600 überprüft und erneut bestätigt. Nebenwerte dürften durch eine weniger defensive Sektorgewichtung, ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum und eine wahrscheinliche Erholung der Bewertungen angetrieben werden. Darüber hinaus dürften die Fusionen und Übernahmen, die im letzten Jahr pausierten, aber in der Vergangenheit zu einer Outperformance der SMid Cap von zwei Prozent beigetragen haben, wieder anziehen, da große Unternehmen ihre Mittel dazu nutzen, ihre Umsätze durch Übernahmen zu steigern.

In Bezug auf die Sektoren haben wir drei Änderungen vorgenommen. Die meisten defensiven Titel sind unserer Meinung nach zu teuer geworden, da die Anleger während der Konjunkturabschwächung in (scheinbare) sichere Häfen abgewandert sind. Wir sehen keine sektorspezifischen Katalysatoren, die die 20- bis 30-prozentige KGV-Prämie noch weiter ausbauen könnten, und stufen daher Basiskonsumgüter auf „Untergewicht“ und Gesundheitswerte auf „neutral“ herab.

Wir stufen im Gegenzug dafür den Sektor Kommunikationsdienste auf "Übergewicht" hoch. Zur Erinnerung: Der Sektor wurde vor vier Jahren durch die Zusammenlegung des "defensiven" Telekommunikationssektors und der "wachstumsorientierten" (sozialen) Medienbranche "geschaffen". Im Telekommunikationssektor erwarten wir eine Verbesserung der Cashflows aufgrund des nachlassenden Investitionszyklus für 5G und Glasfaser. Darüber hinaus sehen wir erste Anzeichen dafür, dass sich die Preissetzungsmacht der Telekommunikationsunternehmen in Europa verbessert. In den letzten zwölf Monaten wurden die Gewinnerwartungen und Bewertungsniveaus von (Social-)Media-Aktien deutlich reduziert. Wir glauben, dass dieser Prozess bereits weiter fortgeschritten ist als im IT-Sektor und eine Aufwertung rechtfertigt.

USA
Eine flache Rezession und eine weiche Landung auf dem US-Arbeitsmarkt dürften die negativen Auswirkungen auf die Konsumausgaben begrenzen. Steigende Realzinsen werden die Bewertungsmultiplikatoren unter Druck setzen, insbesondere bei Unternehmen mit langer Duration. Die Gewinn- und Gewinnspanneannahmen des Marktes sind unserer Meinung nach zu optimistisch.

Europa
In Europa dürfte der übermäßige Bewertungsabschlag gegenüber den USA schrumpfen, da sich die Wirtschaft hier relativ besser entwickelt. Überhaupt ist der Vergleich sehr positiv: Die Lohnsteigerungen sind geringer als in den USA; die schlechte Stimmung der institutionellen Anleger gegenüber paneuropäischen Aktien hat sich noch nicht vollständig gelegt; die Revisionen der Unternehmensgewinne sind moderater als in den USA.

Schwellenländer (EM)
Wir stufen EM auf "Übergewicht" hoch. Ihr derzeitiges Bewertungsniveau ist zu niedrig, und sie sind Nutznießer der raschen Öffnung Chinas, des erwarteten Endes des Zinserhöhungszyklus der Fed Mitte 2023 und der Abschwächung des US-Dollars. Die internationalen Anleger sind noch nicht in großem Stil in diese Region zurückgekehrt.

2.3 Alternative Anlagen

Immobilien
Die Wertentwicklung von US-Immobilieninvestitionen ist als Reaktion auf die steigenden Zinsen ins Stocken geraten. Die Fundamentaldaten der Immobilien sind jedoch robust. Auch wenn eine leichte Rezession die Vermietungsdynamik abschwächen könnte, sind wir der Meinung, dass die Märkte aufgrund der nachlassenden Bautätigkeit angespannt bleiben werden. Unserer Ansicht nach werden die hohen Zinssätze 2023 einen weiteren Abwärtsdruck auf die Immobilienwerte ausüben. Diese Neubewertung dürfte bei gesunden Fundamentaldaten attraktive Anlagemöglichkeiten schaffen.

Die europäischen Immobilienpreise haben in den letzten sechs Monaten eine deutliche Korrektur erfahren. Wir gehen jedoch davon aus, dass der größte Teil des erwarteten Rückgangs bereits stattgefunden hat, und erwarten, dass das volle Ausmaß der Preiskorrektur bis Mitte dieses Jahres vorbei sein wird und bald darauf eine Erholung einsetzt. Die Fundamentaldaten der Mieter sind nach wie vor gut, und ein etwaiger Abschwung dürfte mild ausfallen. Die Zinssätze steigen weiter, da die Inflation Anfang 2023 hoch bleiben dürfte, aber die sinkenden Rohstoffpreise verbessern die kurzfristigen Aussichten etwas. Die Neubewertung des Marktes schafft gute Gelegenheiten, sich an Immobilieninvestitionsstrategien zu beteiligen. Wir bevorzugen nach wie vor den Wohnungssektor, einschließlich betrieblich genutzter Wohnungen wie Studentenwohnungen und Seniorenwohnungen. Unserer Ansicht nach bietet die deutliche Neubewertung des Logistiksektors nun einen attraktiven (Wieder-)Einstiegspunkt, während die Preisverschiebung zwischen erstklassigen und sekundären Büroimmobilien auch gute Möglichkeiten für die Sanierung alternder Immobilien als Teil einer Wertschöpfungs- oder Impact-Strategie bieten dürfte.

In Asien dürften die hohe Inflation, die steigenden Zinsen und das schwache Wirtschaftswachstum kurzfristig Gegenwind für Immobilieninvestitionen bedeuten, da Investoren und Nutzer ihre Strategien neu ausrichten. Die Neubewertung von Gewerbeimmobilien aufgrund steigender Renditen wird sich in diesem Jahr wahrscheinlich fortsetzen und bessere Anlagemöglichkeiten in asiatisch-pazifischen Kernmärkten wie Australien und Südkorea schaffen als im hochpreisigen Japan. Anleger sollten sich auf qualitäts- und ESG-orientierte Anlagen konzentrieren in Sektoren mit positiven Fundamentaldaten für Angebot und Nachfrage, wie aufstrebende Bürostandorte, moderne Logistik und den sich entwickelnden Wohnsektor.

Infrastruktur
Die wirtschaftlichen Turbulenzen – einschließlich einer Rezessionsgefahr – werden weiterhin Druck auf Kapitalmärkte ausüben, wodurch die defensiven Eigenschaften von Infrastruktur wichtiger denn je werden. Der Infrastrukturmarkt ist nicht immun gegenüber der allgemeinen Marktzurückhaltung, aber die Daten sprechen weiterhin für robuste Renditen und solide Aussichten für Mitteleintreibung und Transaktionen. Anleger werden versuchen, die wachsenden Chancen der Energiewende zu nutzen. Wir gehen davon aus, dass Europa nicht nur seinen Energiesektor, sondern auch seine Wirtschaft insgesamt durch Infrastrukturinvestitionen umgestalten wird.

Gold
Die Realzinsen (in den USA) sind im bisherigen Jahresverlauf leicht gesunken, da sich die Vermögenswerte auf breiter Front erholt und die finanziellen Bedingungen gelockert haben. Wir gehen davon aus, dass die kommenden Inflationsdaten, die Arbeitsmarktdaten und die Äußerungen der Fed allesamt freundlich bleiben müssten, um den Edelmetallen kurzfristig weiteren Auftrieb zu verleihen. Dies ist eher unwahrscheinlich.

Öl
Wir haben den Ölpreis aufgrund der positiven kurz- und langfristigen Erwartungen heraufgestuft. Wir gehen davon aus, dass die OPEC+ die weltweiten Lagerbestände konstant halten wird, um die derzeitige Preisspanne beizubehalten. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass Brent-Rohöl bis zum Jahresende auf einen Preis von 100 Dollar steigen wird.

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Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

Quellen: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 31.1.2023

4 / Taktische und strategische Signale

 

Die folgende Übersicht veranschaulicht unsere kurz- und langfristige Positionierung.

4.1 Anleihen

Rates

1 bis 3 Monate

bis Dez 2023

US-Staatsanleihen (2 Jahre)    
US-Staatsanleihen (10 Jahre)    
US-Staatsanleihen (30 Jahre)    
Deutsche Bundesanleihen (2 Jahre)    
Deutsche Bundesanleihen (10 Jahre)    
Deutsche Bundesanleihen (30 Jahre)    
UK-Staatsanleihen (10 Jahre)    
Japanische Staatsanleihen (2 Jahre)    
Japanische Staatsanleihen (10 Jahre)    

Spreads

1 bis 3 Monate

bis Dez 2023

Spanien (10 Jahre)[10]    
Italien (10 Jahre)[10]    
US-Investment-Grade-Anleihen    
US-Hochzinsanleihen    
EUR-Investment-Grade-Anleihen[10]    
EUR-Hochzinsanleihen[10]    
Asien-Unternehmensanleihen    
Schwellenländer-Unternehmensanleihen    
Schwellenländer-Staatsanleihen    

Besicherte & spezielle Bonds

1 bis 3 Monate

bis Dez 2023

Covered Bonds[10]    
US-Kommunalanleihen    
US-Mortgage-Backed-Securities    

Währungen

                

               

EUR vs. USD    
USD vs. JPY    
EUR vs. JPY    
EUR vs. GBP    
GBP vs. USD    
USD vs. CNY    

4.2 Aktien

Regionen

1 bis 3 Monate[11]

bis Dez 2023

USA[12]    
Europa[13]    
Eurozone[14]    
Deutschland[15]    
Schweiz[16]    
Vereinigtes Königreich (UK)[17]    
Schwellenländer[18]    
Asien ex Japan[19]    
Japan[20]    

.

Sektoren

1 bis 3 Monate[11]

Basiskonsumgüter[21]  
Gesundheit[22]  
Kommunikationsdienstleistungen[23]  
Versorger[24]  
Zyklische Konsumgüter[25]  
Energie[26]  
Finanzwerte[27]  
Industrie[28]  
Informationstechnologie[29]  
Grundstoffe[30]  

Anlagestil

1 bis 3 Monate

Nebenwerte USA[31]    
Nebenwerte Europa[32]    

4.3 Alternative Anlagen

1 bis 3 Monate

bis Dez 2023

Rohstoffe[33]    
Öl (WTI)    
Gold    
Infrastruktur    
Immobilien (gelistet)    
Immobilien (nicht-gelistet) APAC[34]  
Immobilien (nicht-gelistet) Europa[34]  
Immobilien (nicht-gelistet) USA[34]  

Weitere Themen

Mehr erfahren

1. Entwicklung des MSCI World Index

2. Quelle: Bloomberg Finance L.P., Stand: 31.01.2023

3. 1-Monats-Forward Preis im holländischen Handel   

4. Also der Beendigung der meisten Covid-Maßnahmen

5. Im Dezember fielen die Einkaufsmangerindizes für Industrie und für Dienstleistungen beide unter die Kontraktionsmarke von 50 Punkten.

6. Ein Minus von fast 6 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert gibt es historisch nur im Umfeld von Rezessionen.

7. Stoxx 500 Banken: 14,1 Prozent.

8. Quelle: Bloomberg Finance L.P., Stand: 31.01.2023

9. Bloomberg Dollar Spot Index

10. Spread bezogen auf deutsche Bundesanleihen

11. Relativ zum MSCI AC World Index

12. S&P 500

13. Euro Stoxx 600

14. Euro Stoxx 50

15. Dax

16. Swiss Market Index

17. FTSE 100

18. MSCI Emerging Markets Index

19. MSCI AC Asia ex Japan Index

20. MSCI Japan Index

21. MSCI AC World Consumer Staples Index

22. MSCI AC World Health Care Index

23. MSCI AC World Communication
Services Index

24. MSCI AC World Utilities Index

25. MSCI AC World Consumer Discretionary Index

26. MSCI AC World Energy Index

27. MSCI AC World Financials Index

28. MSCI AC World Industrials
Index

29. MSCI AC World Information Technology
Index

30. MSCI AC World Materials Index

31. Russel 2000 Index relativ zum S&P 500

32. Stoxx Europe Small 200 relativ
zum Stoxx Europe 600

33. Relativ zum
Bloomberg Commodity Index

34. Langfristige Investitionen

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