17. Nov. 2023 Amerika

Ungeliebte US-Banken

Gegenüber dem Gesamtmarkt dümpelt der US-Bankensektor nahe seinen Rekordtiefs herum. Zu Recht, würden wir sagen, denn Aktionäre haben selten Freude mit Banken.

Als am Dienstag die US-Inflationszahlen leicht nach unten überraschten, aber die Märkte gewaltig darauf reagierten, da gehörten die Banken zu den Hauptprofiteuren. In der Spitze gewann der S&P 500 Bankenindex fast fünf Prozent an diesem Tag. Solch guten Tage waren selten dieses Jahr. Der große Einbruch kam mit der Krise der Regionalbanken im März, seitdem hat der Index sich nicht mehr nachhaltig erholen können. Aktuell handelt er mal wieder nah an seinen historischen Tiefstständen im Vergleich zum S&P 500. Die Reaktion vom Dienstag mag auf den ersten Blick verwundern, da Banken normalerweise Profiteure höherer Zinsen sind. Doch dieses Jahr war nicht normal. Nicht nur wegen der Geschwindigkeit der Zinserhöhungen mit den entsprechenden Wertverlusten bei Anleihen, vor allem bei langen Laufzeiten. Sondern weil die US-Regulatoren die Schieflagen der US-Regionalbanken als Anlass genommen haben, eine Verschärfung der Regulatorik einzuleiten – von höheren Eigenkapitalanforderungen für die Großbanken bis zu strengeren Bilanzierungsanforderungen und Stresstests für die kleineren Institute. Aber der größte Gegenwind bleiben zunächst die höheren Refinanzierungskosten. Nach dem Versiegen des Billig-Geldes von der Fed mussten sich die Banken wieder auf die klassischen Kundeneinlagen konzentrieren, um an Liquidität zu kommen. Und diese Kunden sehen, dass Staatsanleihen dieses Jahr bis zu fünf Prozent abgeworfen haben, sie für ihr Bankguthaben jedoch mit einem Bruchteil abgefunden werden. Was zu entsprechender Abwanderung der Gelder führt, so denn die Banken die Guthabenzinsen nicht anheben.

Anteil der US-Bankensektors an der Kapitalisierung und den Gewinnen des S&P 500

* Anteil an der Kapitalisierung abzgl. Anteil am Gewinn des Banksektors vom S&P 500

Quellen: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 14.11.2023

Unser „Chart of the Week“ zeigt nicht die Kursentwicklung des Bankenindex versus dem S&P 500, sondern den Anteil, den die Marktkapitalisierung des Sektorindex an der Kapitalisierung des Gesamtindex ausmacht. Auch er zeigt, dass man den Tiefstständen von 2008 wieder sehr nahe kommt. Und der Anteil sich gegenüber 2003 auf unter drei Prozent mehr als halbiert hat. Erstaunlich ist dies nicht, schließlich, wie der Chart ebenfalls zeigt, hat sich der Gewinnanteil der Banken am Gesamtindex ebenfalls halbiert. Auf jetzt acht Prozent. Drei Prozent Anteil an der Marktkapitalisierung versus acht Prozent Anteil an den Gewinnen – hier zeigt sich, welchen Bewertungsabschlag Anleger für die Bankenbranche vornehmen. Aus gutem Grund, vereint der Sektor doch ein sehr zyklisches, niedrigmargiges Geschäftsmodell mit hohem Regulierungsdruck und hoher Kapitalintensität. Erstaunlich ist vielleicht eher, wie der Chart ebenfalls zeigt, in welch engem Band der Bewertungsabschlag sich vor allem über die letzten zehn Jahre bewegt hat. Für einen Ausbruch nach oben, also eine Verringerung des Bewertungsabschlags, sehen wir für den US-Bankensektor vorerst auch keinen Grund, der Gegenwind ist zu stark. Zu denen auch die von uns erwartete spürbare Abschwächung der US-Konjunktur und ein Anstieg der Insolvenzen gehören. Selbst auf eine mittelfristige Margenverbesserung der größten Institute aufgrund der fortschreitenden Konsolidierung[1] zu setzen, halten wir für zu optimistisch. Dafür überraschen einzelne Banken zu regelmäßig mit größeren operativen Ausrutschern. Auch in den vergangenen zwölf Monate haben die vier größten Institute zwar gut (zusammen rund 115 Milliarden Dollar) verdient. Allerdings entfiel fast die Hälfte davon auf eine Bank.

 

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1. Welche jedoch nur organisch erfolgen kann, da Banken mit einem Marktanteil von über zehn Prozent in der Regel keine Übernahmen tätigen dürfen.

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