Recyceln, Teilen und Wiederverwenden: Warum die Kreislaufwirtschaft ein großes Zukunftsthema ist


„Rund 70 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und rund 90 Prozent des weltweiten Verlustes an biologischer Vielfalt lassen sich auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückführen“, sagt Paul Buchwitz, Fondsmanager für globale Aktien bei der DWS, anlässlich des Earth Overshoot Day 2023.[1] Ziel müsse daher die Transformation der linearen Wirtschaft sein, die auf das Produzieren, Konsumieren und Wegwerfen ausgerichtet ist, hin zur kohlenstoffneutralen und ökologisch nachhaltigen Kreislaufwirtschaft: „So könnten wir Rohstoffe effizienter nutzen und das wirtschaftliche Wachstum vom Ressourcenverbrauch abkoppeln“, ergänzt Buchwitz.

Paul Buchwitz

DWS portfolio manager

Nur 7,2 Prozent der globalen Wirtschaft bislang zirkulär

Der Earth Overshoot Day markiert den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die das Ökosystem Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann. Dieses Jahr fällt der Tag auf den 2. August.[2] Dass die Menschheit so viele ökologische Ressourcen verbraucht, als würde sie auf 1,75 Erden leben, ist dem steigenden globalen Verbrauch an natürlichen Ressourcen geschuldet, der sich seit 1970 mehr als verdreifacht hat.[2] Hinzu kommt, dass die Welt angesichts einer immensen Kreislaufwirtschaftslücke fast ausschließlich auf neue Ressourcen angewiesen ist: „Stand heute werden nur 7,2 Prozent der Ressourcen nach Ende ihrer Nutzungsdauer wieder der Kreislaufwirtschaft zugeführt“[3] , so Buchwitz.  Das heißt im Umkehrschluss: Mehr als 90 Prozent der Ressourcen werden verschwendet, gehen verloren oder können aktuell nicht wiederverwendet werden.[3]

Geschätztes Potenzial: 4,5 Billionen US-Dollar zusätzliche Wirtschaftsleistung bis 2030

„Für Unternehmen, die im Rahmen der effizienten Nutzung von Ressourcen innovative Technologien, Produkte und Dienstleistungen anbieten, sollten sich daher attraktive Wachstumsmärkte erschließen können – nicht zuletzt, da das Thema auch von regulatorischer Seite zunehmend Rückenwind erhält“, sagt Buchwitz. So dürften der Start des EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft und die Erweiterung der EU-Taxonomie um die Kategorien der Kreislaufwirtschaft dem Thema zukünftig noch mehr Aufmerksamkeit bescheren, auch von Investorenseite.[4] Unterstützen dürfte zudem, dass die Idee der Kreislaufwirtschaft in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, den Sustainable Development Goals – kurz SDGs – verankert ist. „Ziel 12 zielt auf nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion ab“, erklärt Buchwitz. Angesichts des enormen wirtschaftlichen Potenzials könnte das Thema auch Anlegern Chancen bieten: „Schätzungen zufolge könnte die Kreislaufwirtschaft bis 2030 weltweit eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von rund 4,5 Billionen US-Dollar generieren“, so der Fondsmanager.[5]

Mehr als nur Reycling

Ein Punkt ist Buchwitz besonders wichtig: Kreislaufwirtschaft werde oftmals mit Recycling gleichgesetzt. Das greife jedoch viel zu kurz. „Plastik-Recycling spielt zwar nach wie vor eine große Rolle. Zunehmend rücken aber auch Themen wie Wartung, Verlängerung der Nutzungsdauer, Teilen, Vermieten, Wiederverwenden, Umverteilen, Renovieren und Wiederaufarbeiten stärker in den Fokus.“ Etwa so genannte Product-as-a-Service-Angebote, bei denen ein Anbieter das Eigentum an einem Produkt behält und der Kunde den Zugang daran erwirbt. Ebenso dürften auch alternative Geschäftsmodelle wie Sharing-Economy-Lösungen, bei denen Produkte von mehreren Personen gemeinsam genutzt werden, in Zukunft stärker gefragt sein: „Autos werden im Durchschnitt nur fünf Prozent der Zeit genutzt. Mit Carsharing kann nicht nur die Auslastung gesteigert werden, es würden insgesamt auch viel weniger Fahrzeuge benötigt.“ [6] Chancen sieht Buchwitz auch mit Blick auf Secondhand-Kleidung, hinter der angesichts erschwinglicherer Preise auch eine soziale Komponente stecke: „Der Weltmarkt für Secondhand-Kleidung hat sich innerhalb von zwei Jahren verdreifacht.“ Einer Studie zufolge mache der Secondhand-Markt bereits drei bis fünf Prozent des gesamten Bekleidungs-, Schuh- und Accessoires-Sektors aus und könnte auf bis zu 40 Prozent klettern.“[7]

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